Europawahl 2009 - Fazit

Europawahl 2009 - Fazit

Die Programme der deutschen Parteien zur Europawahl 2009 zeichnen sich in unterschiedlichem Maß durch Geschlechtersensibilität aus. Mit Ausnahme der FDP haben alle momentan im Europäischen Parlament vertretenen deutschen Parteien geschlechter- und frauenpolitische Aspekte explizit in ihre Programme aufgenommen. Sowohl inhaltlich als auch quantitativ sind die Parteiprogramme von Bündnis 90/Die Grünen und von der Linkspartei am stärksten auf Geschlechteraspekte ausgerichtet.

In allen Programmen stehen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Erwerbsintegration von Frauen und der Abbau von Lohndiskriminierung von Frauen an prominenter Stelle. Optimistische WählerInnen können diesbezüglich also in jedem Fall geschlechterpolitische Aktivitäten vom Europäischen Parlament erwarten, pessimistische WählerInnen bewerten die jeweiligen Politikentwürfe der Parteien allerdings vermutlich unterschiedlich. In ähnlicher Weise variieren die konjunkturpolitischen Vorschläge der Programme. Schwerpunktmäßig können sich die WählerInnen entscheiden zwischen Vorfahrt für den Mittelstand (CDU), Förderung von bäuerlichen Familienbetrieben (CSU), marktwirtschaftlicher Grundlage (FDP), Vorfahrt für Beschäftigung (SPD), Grünem New Deal (Bündnis90/Die Grünen) und neuer Art der Vollbeschäftigung (Linke). Inwieweit diese Entwürfe jeweils unter der Maßgabe von Geschlechtergerechtigkeit ausgearbeitet wurden, dazu werden in den Programmen unterschiedliche Angaben gemacht. Die WählerInnen werden hier also auch an den Taten messen müssen.

Erwartungsgemäß ist in den Wahlprogrammen eine Auseinandersetzung mit der europäischen Anti-Diskriminierungspolitik geschlechterpolitischer Mindeststandart. Diese fällt allerdings – ebenfalls erwartungsgemäß – unterschiedlich aus. Während FDP, CDU und CSU meinen, diese reichten bereits aus, seien sogar über das Ziel hinaus geschossen, sehen SPD, Grüne und Linkspartei deutlich Luft nach oben. Vergleichbares gilt für gleichstellungspolitische Instrumente der EU wie zum Beispiel das Gender Mainstreaming.

Auch der Zusammenhang zwischen Außenpolitik und Geschlechterarrangements stellt sich anders da, je nach dem, welches Wahlprogramm herangezogen wird. Die Bandbreite der Analyse und Politikentwürfe reicht von gleichstellungspolitischen Beitrittskriterien in die EU, wie sie von der CDU gefordert werden, bis zu geschlechtersensibler Entwicklungszusammenarbeit, wie sie von den Grünen verlangt wird. Eine europäische Bekämpfung des Menschhandels wird in allen Parteiprogrammen gefordert, nur die CDU äußert sich hierzu nicht.

Keinem der Programme ist es gelungen, alle Forderung von feministischen und geschlechterpolitischen InteressenvertreterInnen aufzunehmen. Aus der kritischen Durchsicht der Programme wird aber auch deutlich, inwieweit sich einige Parteien diesbezüglich mehr als andere bemüht haben. Inwieweit sie sich als entsprechend sensibilisierte AkteurInnen auf dem europäischen politischen Parkett bewähren, werden die nächsten fünf Jahre zeigen.

 

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