Kurzbiografie von Nebahat Akkoç

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Nebahat Akkoç
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Nebahat Akkoç

Geboren wurde Nebahat Akkoç in einer Kleinstadt im Osten der Türkei. Bevor sie sich der Frauenarbeit widmete, arbeitete sie mehrere Jahre als Lehrerin. 1980 begann sie sich politisch zu engagieren.

Frau Nebahat Akkoç wurde am 23. Februar 1955 im Osten der Türkei, in der Kleinstadt Karliova bei Bingöl geboren. Ihre Familie lebte in Karliova, da ihr Vater als Beamter dort eingesetzt war. Sie wuchs als drittes Kind von acht Geschwistern in einer großen Familie auf.

Die Grundschule absolvierte sie in den Stadtteilen Hazro und Silvan in Diyarbakır. Danach besuchte sie das Mädcheninternat in Mardin, wo Schülerinnen zu Grundschullehrerinnen ausgebildet wurden. 1970 wurde sie im Rahmen eines Programms der “Ost-West-Integration” auf ein Mädcheninternat in Manisa in der ägäischen Region verschickt, wo sie ihre berufliche Ausbildung zur Grundschullehrerin abschloss.  

Während ihrer Tätigkeit als Lehrerin absolvierte sie eine zweijährige Fortbildung an der Anadolu-Universität in Eskişehir.

Nebahat Akkoç heiratete mit 18 Jahren und bekam eine Tochter und einen Sohn. 22 Jahre lang arbeitete die Lehrerin nicht nur im Stadtzentrum von Diyarbakır, sondern auch lange in den Dörfern und Kleinstädten der Provinz.

Vor dem Militärputsch 1980 wurde sie politisch aktiv und trat dem links gerichteten “Verband Türkischer Lehrer und Lehrerinnen” (TÖB-DER, Türkiye Öğretmenler Birliği Derneği) bei. Der Militärputsch sowie seine Folgen, das Verbot aller politischen Organisationen und die großen Verhaftungswellen bildeten einen Wendepunkt im Leben von Frau Akkoç.

Auch ihr Ehemann befand sich unter den Inhaftierten. Während ihrer Besuche im Gefängnis von Diyarbakır traf sie viele Frauen, die nicht lesen und schreiben konnten und auch kein Türkisch sprachen. Sie versuchte, die Frauen zu unterstützen. Bei ihren Gesprächen mit diesen Frauen wurde ihr bewusst, daß diese Frauen doppelt litten: Sowohl die politische Gewalt, als auch die Gewalt in der Familie selbst beeinträchtigte das Leben der Frauen zutiefst.

Als 1990 die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (EĞİT-SEN, Eğitim ve Bilim Emekçileri Sendikası) in Diyarbakir eine Niederlassung eröffnete, wurde Nebahat Akkoç  Bezirksvorsitzende der Gewerkschaft.

Aber bis 1993 konnte sie in der Gewerkschaft keinerlei Aktivitäten für Bildungsangelegenheiten durchführen,denn die Kämpfe hielten an. Lehrerinnen und Lehrer wurden von unbekannten Tätern ermordet. Wegen ihrer Presseerklärungen, die diese Greueltaten anprangerten, wurde gegen sie intern und polizeilich ermittelt.

1993 wurde auch ihr Ehemann auf dem Weg zur Schule erschossen.

Nach dem Tod ihres Mannes ließ sie sich in den Ruhestand versetzen, um auf dem Gebiet der Menschenrechte aktiver arbeiten zu können. Sie trat dem Landesvorstand des Menschenrechtsvereins bei (IHD, İnsan Hakları Derneği) und vertrat diesen in ihrem Bezirk Diyarbakır. Es folgte eine kurze Episode als Mitglied einer politischen Partei; 1994 saß sie für vier Monate als Ersatzmitglied in der Großen Parteiversammlung der kurdischen Demokratischen Volkspartei (DEP, Demokratik Halk Partisi).

Im Februar 1994 wurde Frau Akkoç 12 Tage lang inhaftiert. In der Haft mußte sie frauenspezifische Foltermethoden ertragen. Sie entschloss sich in jenen Tagen, sich gänzlich der Frauenarbeit zu widmen.

Von 1994 bis 1997 wurde sie insgesamt 15 Mal festgenommen und schwer misshandelt. Gegen die Einschränkung ihrer Meinungsfreiheit, für die Aufklärung des Mordes an ihrem Ehemann und wegen ihrer Haft und Folter klagte sie erfolgreich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Die Anklageschriften wurden in einer Akte zusammengefasst und sie gewann 1999 ihren Prozess.

Der “Akkoç-Prozeß” war nicht nur der erste Fall aus der Türkei vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, er war auch einer der beiden Prozesse, die in Straßburg angenommen wurden, ohne dass der interne Rechtsweg ausgeschöpft worden war.

Akkoç wandelte 1996 ein Zimmer ihrer Wohnung zum Büro um und begann von dort aus mit ihren Aktivitäten für Frauen. Im August 1997 gründete sie KAMER, zunächst als eingetragene Firma. Um die Aktivitäten von KAMER auszuweiten, wurde KAMER 2005 in eine Stiftung umgewandelt.

Gemeinsam mit den Frauen von KAMER gründete Nebahat Akkoç in 23 Städten Südost- und Ostanatoliens Niederlassungen, um dort die Menschenrechte der Frauen zu verteidigen. Seit 2005 betreibt KAMER auch das Programm “Jede Frau braucht eine Chance”. So sollen die Frauen in den Dörfern, Kleinstädten und Städten eine Chance bekommen, sich von Gewalt zu befreien, ihre traditionellen Rollen wahrzunehmen und zu verändern.

Frau Akkoç, die ihre Kräfte weiterhin für KAMER einsetzt, hat nunmehr auch drei Enkelkinder. Ihre Erfahrungen aus der jahrzehntelangen Frauenarbeit fasst sie mit den Worten zusammen:

“Während wir Frauen dafür kämpfen, uns von der Gewalt gegen uns zu befreien, gewinnen wir neue Perspektiven und Erfahrungen und zeigen damit zugleich, dass eine neue Welt möglich ist.”

 

Kontakt:
Nebahat Akkoç
KAMER Vakfı
Kamer-Stiftung
Yenişehir, Ali Emiri 3. Sokak 1/1
ES-ŞAL Apt.
21100 Diyarbakır
Tel.: 00 90 412 228 10 53
E-mail d.kamer@superonline.com