Feminismus und Antifaschismus zusammen denken!

Die neue Sichtbarkeit antifeministischer Politiken durch alte und neue rechte Akteure wie die AfD fordert heraus. Feminismus und emanzipatorische Geschlechterpolitiken müssen wieder offensiv in breiten Bündnissen vertreten werden, um die Deutungshoheit nicht den Rechten zu überlassen.

Demo Leipzig, transparente  Feminismus statt Legidamacker*innen und Die Manifestation des Kapitalismus in unserem Leben ist die Traurikkeit. Kommunismus statt Tristesse
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Der AfD ist nur mit einem Zusammendenken von Antifaschismus und Feminismus zu begegnen

Die Partei Alternative für Deutschland (AfD) wird mittlerweile in trauter Einigkeit als antifeministische Partei beschrieben. Das liegt unter anderem an ihrer engen Vernetzung im Netzwerk organisierter Antifeminist*innen von Stuttgart bis Annaberg-Buchholz, von Besorgten Eltern, über fundamentalistische Christ*innen bis hin zu internetaffinen Maskulisten. Die Partei ist nicht nur gut vernetzt, sie trägt auch antifeministische Kampagnenthemen in den politischen Diskurs – und nicht zuletzt in Landesparlamente und den Bundestag. So fragte die Thüringische AfD-Abgeordnete Corinna Herold schon 2015 im Landesparlament nach der Zahl Homo-, Bi- und Transsexueller, die in Thüringen leben.[1] Sowohl die Rednerin der AfD, Mariana Iris Harder-Kühnel, als auch die ehemalige Parteivorsitzende Frauke Petry positionierten sich in der Bundestagsdebatte um die Aufhebung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche im März 2018 eindeutig gegen eine Neuregelung. Forderungen, wie sie (extrem) rechte Parteien seit jeher vertraten – deren antifeministischer Charakter jedoch seltener benannt wurde.

Feministische und antifaschistische Perspektiven verzahnen

Die neue Sichtbarkeit antifeministischer Politiken durch alte und neue rechte Akteure stellt uns vor die Herausforderung, antifaschistische und (pro-)feministische Perspektiven stärker zu verzahnen. So führen Anna Berg und Tanya Zorn in der Monatszeitung ‚analyse und kritik‘ aus, dass der AfD nur mit einem Zusammendenken von Antifaschismus und Feminismus zu begegnen ist.[2] Antifaschistische Gruppen und feministische Rechtsextremismusforschung verwiesen bereits seit Mitte der 1990er Jahre auf die Notwendigkeit, Antifaschismus und Feminismus miteinander zu denken – in Bezug auf die klassische extreme Rechte von NPD und Co ebenso wie bei Neuer Rechter und Co. Und dennoch sorgt die Gleichzeitigkeit aktiver Frauen und die antifeministische, in Teilen frauenfeindliche Agenda der AfD bis heute für Irritationen. Hier schwingt die weitverbreitete Annahme mit, dass Frauen weniger rassistisch, und vor allem weniger antifeministisch denken. Dies ist nicht der Fall – wie wir aus Einstellungserhebungen, Wahlumfragen etc. wissen. Es gilt somit, Frauen als politische Subjekte wahr- und ernstnehmen – auch wenn uns ihre jeweilige politische Position nicht gefällt.

Einer der zentralen Säulen neonazistischer Politik ist lange Zeit die Organisation von Aufmärschen gewesen: es ist richtig und wichtig gewesen, gerade zur Hochzeit neonazistischer Aufmärsche in den 2000er Jahren diese zu blockieren und Neonazis daran zu hindern, ihre geschichtsrevisionistische, rassistische und auch antifeministische Hetze auf die Straße zu tragen. Die Strategie der Blockade neonazistischer Großevents hat über die Jahre dazu beigetragen, dass diese deutlich zurückgegangen sind. Selten sammeln sich heute zu einer neonazistischen Demonstration noch mehr als einige hundert Teilnehmer*innen. Dies wäre nicht gelungen ohne die Politik breiter heterogener Bündnisse aus Antifaschist*innen, Zivilgesellschaft, Parteien, NGOs und weiteren.

Breite Bündnisse sind nötig

Ein ähnliches Zusammengehen unterschiedlicher Bewegungen, Netzwerke, Initiativen steckt in Bezug auf die Auseinandersetzungen mit neuen rechten Phänomenen noch in den Startlöchern. Dabei bieten insbesondere jüngere Kampagnen der (extremen) Rechten, in denen sich eine vorgebliche Sorge um die Rechte von Frauen mit einer rassistischen Ausgrenzungspolitik verquickt, Anlässe für breite Bündnisse.[3] Im Februar 2018 fand ein erster sog. „Frauenmarsch zum Kanzleramt“ statt: angemeldet von Leyla Bilge, AfD-Mitglied und Referentin im Bundestag, zogen u.a. Mitglieder und Aktivisten von AfD, der Identitären Bewegung sowie der NPD durch Berlin.[4] Die Proteste gegen diesen Aufmarsch benannten von Beginn an Antifeminismus sowie die Ethnisierung von Sexismus und sexualisierter Gewalt als Motiv des Aufmarsches. Ein breites Bündnis aus Feminist*innen, LGBTIQ*-Gruppen, Antirassist*innen, Antifaschist*innen und vielen mehr stellten sich dem Aufmarsch am Tag selbst entgegen. Beides hat Vorbildcharakter.

Breite Bündnisse finden jedoch nicht allein auf der Straße statt: sie finden sich in gemeinsamen Kämpfen und Solidaritätsbekundungen, gleich wer aktuell unter Beschuss von Rechts gerät. Seien es Unterstützungsstrukturen für Frauen*, die wie in Oberösterreich unter schwarz-blauer Regierung aktuell zu beobachten die Mittel gestrichen bekommen.[5] Oder sei es die Kriminalisierung antifaschistischen Engagements, wie es rund um den Antifa-Kongress 2017 in München zu beobachten war.[6] Überall gilt es, gemeinsam Haltung zu zeigen.

Hetze im Diskurs entgegentreten

Worum es letztlich gehen muss ist, den Rechten den Resonanzbereich für ihre Politiken der Ausgrenzung und Normierung zu nehmen – gerade weil diese so anschlussfähig sind an Ressentiments in allen Teilen der Gesellschaft. Die AfD und andere neue rechte Akteure entspringen dem gesellschaftlichen Diskurs – und den „Besorgten Bürgern“ des Landes ist nicht mit bloßer Ausgrenzung aus dem Diskurs zu begegnen. Man muss ihrer Hetze somit im Diskurs etwas entgegensetzen. Das ist kein Plädoyer für ein vorschnelles und häufig falsch verstandenes „Mit Rechten reden“ – sondern viel mehr der Appell, der (extremen) Rechten nicht das Feld zu überlassen. Wir – Antifaschist*innen, Antirassist*innen, Gewerkschafter*innen, und viele mehr – müssen Feminismus und emanzipatorische Geschlechterpolitiken wieder zu unseren Themen machen, die wir offensiv vertreten, für die wir uns streiten, über die wir wieder die Deutungshoheit erlangen. Und als Feminist*innen die Bedrohung von Rechts nicht erst dann ernst nehmen, wenn wir selbst und wie aktuell zu beobachten emanzipatorische Errungenschaften von Frauen* wieder zur Debatte stehen.