150 Jahre Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs sind genug!

Paragraf 218

Der Paragraf 218 kriminalisiert in Deutschland seit 150 Jahren ungewollt Schwangere und Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Er ist Relikt patriarchaler Kultur und beeinträchtigt bis heute den Zugang zu Selbstbestimmung und adäquater reproduktiver Gesundheitsversorgung. Es ist höchste Zeit, Versorgungssicherheit zu garantieren und reproduktive Selbstbestimmung für alle zu garantieren. 

Gemeinsam mit mehr als 100 Organisationen, Verbänden und Vereinen sowie 600 Einzelpersonen aus Wissenschaft, Politik und Aktivismus unterzeichnet das Gunda-Werner-Institut (GWI) deshalb die Abschlusserklärung (Link folgt) des Kongresses „150 Jahre §218 Strafgesetzbuch“ und fordert eine umfassende und zeitgemäße Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuchs, die die Bedürfnisse der ungewollt Schwangeren in den Mittelpunkt stellt und internationale Menschenrechtsnormen respektiert. 

Die zahlreichen Vorträge und Diskussionen auf dem Kongress, der am 27./28. August stattfand und in den sich das GWI mit einem Workshop zu reproduktiver Gerechtigkeit einbrachte, haben gezeigt, wie dringend eine gesetzliche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs ist: Die Kriminalisierung verhindert die Kostenübernahme des Schwangerschaftsabbruchs durch die Krankenkassen, sorgt für Versorgungslücken in vielen Regionen Deutschlands und stigmatisiert Betroffene und Ärzt*innen. Gleichzeitig werden Selbstbestimmungsrechte und bisherige feministische Errungenschaften systematisch von rechten und fundamentalistischen Akteur*innen angegriffen.
Aus intersektionaler Perspektive bedeutet §218 vor allem für prekarisierte und migrantisierte Menschen einen erschwerten Zugang zu reproduktiver Selbstbestimmung. Im Sinne der reproduktiven Gerechtigkeit ist uns noch ein weiterer Aspekt wichtig, nämlich anzuerkennen, dass nicht nur der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen, sondern auch gleichberechtigte Zugänge zu selbstbestimmten Schwangerschaften, Geburten und Elternschaft erleichtert werden müssen.

Wir sind zuversichtlich, dass es gesellschaftliche Mehrheiten und juristische Spielräume für eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzes gibt. Als Gunda-Werner-Institut werden wir einen Beitrag leisten, damit der §218 StGB zum letzten Mal Jubiläum feiern konnte. 

Hier geht es zur Abschlusserklärung des Fachkongresses 150 Jahre § 218.