Heldinnen der Steppe – Porträts mongolischer Frauen

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Frau mit Kind im Schnee

Mongolische Frauen hatten traditionell eine Doppelrolle zu erfüllen: genau wie die Männer bauten sie Jurten, lernten reiten und weideten das Vieh. Zudem kümmerten sie um den Haushalt und brachten ohne große Erholungspausen mehrere Kinder auf die Welt. Sie gelten deshalb für außenstehende und auch für viele mongolische Männer als „Heldinnen der Steppe“.

Ihre „Heldinnen“-Rolle hat historische Ursachen: um Aufständen des besiegten mongolischen Volkes vorzubeugen ließ die mandschurischen Herrscher der Qing-Dynastie (1644-1911) überall Tempel bauen. Denn der tibetische Buddhismus genoss große Anhängerschaft und Anerkennung in der mongolischen Gesellschaft. Das Mönchsdasein erschien vielen Männern ökonomisch attraktiv und war mit hohem sozialen Status verbunden. So entschlossen sich rund ein Drittel der männlichen Bevölkerung in Tempelgemeinschaften einzutreten. Viele Frauen mussten so plötzlich alleine für ökonomische und soziale Leben der Familien sorgen.

Zu „Geburts-Heldinnen“ machte sie zeitweise die kommunistische Regierung.  Um die Region gegenüber dem Staat Mongolei und auch Russland zu sichern, rief Beijing zum Kindersegen auf.  Die als „Heldenmutter“ ausgezeichnete Duguima (1923-2002) brachte innerhalb von 28 Jahren 24 Kinder zur Welt, 17 davon leben noch heute. Mitten im Umzug oder auch im Schnee – ethnischen Mongolinnen gebären ihren Nachwuchs oft einfach so zwischendurch. Zudem schonen sie sich vor und nach der Geburt kaum.

Trotz ihrer doppelten Arbeitsbelastung nehmen Frauen traditionell den niedrigsten Rang innerhalb der Gesellschaft ein. Sie dürfen nicht an religiösen Zeremonien teilnehmen.  Manche leiden unter Gewalt und dem Alkoholismus ihrer Ehemänner.  Nach der Hochzeit haben sie sich als Schwiegertochter in die Familie ihres Mannes hineinzuarbeiten. Erst nach einigen Jahren werden sie im Rahmen einer Zeremonie als „qualifizierte Schwiegertochter“ vollständig akzeptiert. Dennoch setzen mehr und mehr ethnisch mongolischen Familien auf eine bessere Bildung auch für ihre Töchter.

Biographie des Fotografen Ah Yin

A Yin ist ein Sohn der mongolischen Steppe und der chinesischen Stadt. 1970 unter dem Namen Qi Jincai im Osten des autonomen Gebiets Innere Mongolei geboren, wuchs er in einem Schmelztiegel auf: Nomadentradition der ethnischen Mongolen in China auf der einen, Landwirtschaft der Han-Chinesen und der einsetzendem Modernisierung im Zuge der Reformpolitik nach 1979 auf der anderen Seite.
Schon früh begann A Yin seine Beobachtung festzuhalten. Zunächst schreibend: als 12-jähriger wurden mehrere seiner Texte in Sammelbänden für mongolische Jugendliche veröffentlicht.  Mit 14 musste er die Schule verlassen, da seine Familie die Gebühren nicht mehr bezahlen konnte.  Als „fliegender Händler“ von Textilwaren bereiste er große Teile der rund 1,2 Millionen km2 großen Inneren Mongolei. Leute fragte ihn jedoch weniger nach neusten Markenkleidern als nach der Möglichkeit ein Foto von sich und der Familie aufzunehmen.  A Yin kaufte sich daraufhin 1989 seine erste Kamera und begann seinen Weg als „fliegender Fotograph“. Später lieferte er als freier Journalist auch Bilder samt Texten an Lokalzeitungen.
1998 unternahm A Yin seine erste längere Fotoreise in die nordöstliche Grenzregion der Inneren Mongolei. Zu dieser Route hatte ihn der ehemalige Handelsweg seines Vaters, ein Salzhändler, inspiriert. Er ließ sich dort nieder und gab sich seinen heutigen Namen, der auf Mongolisch „weit reisen“ bedeutet. Seitdem beobachtet und begleitet er als Fotograph das Leben der Nomaden zwischen Tradition und Moderne.
Zwischen 1999 und 2003 hat er 26 Publikationen über das Nomadenleben der ethnischen Mongolen in China veröffentlicht. 2007 wurde er mit dem „All Roads Program“-Preise des US-amerikanischen Magazins „National Geographic“ ausgezeichnet. Seine Fotos über das Leben der mongolischen Nomaden wurden bereits in New York, Los Angeles, Taipeh und Paris gezeigt. 2009 und 2010 brachte der China Picture Verlag vier große Sammelbände mit A Yins Werken heraus, u.a. „Followers of Genghis Khan – Nomadic Mongolians in China“ und „Mongolians Schools in China“.

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