Evaluation und Qualitätsstandards in Gender-Bildung und -Beratung

Die Nachfrage nach Gender-Training, genderorientierter (Projekt-)Beratung und Beratung bei der Implementierung von Gender Mainstreaming steigt in den letzten Jahren kontinuierlich. Auch die Angebote werden zahlreicher und unübersichtlicher. Deshalb stellt sich zunehmend die Frage nach Qualitätsstandards oder Mindestanforderungen, die Gender-Trainings und Gender-Beratungen ebenso wie TrainerInnen und BeraterInnen erfüllen sollten.

Weil nur qualifizierte Beratungs- und Trainingsangebote wirklich wirksam sind, konzentriert sich das Gunda-Werner-Institut neben seinen Angeboten an Fortbildung und Beratung mehr und mehr auf die Entwicklung und Diskussion von Qualitätskriterien und -standards. Ziel ist es, Auftraggeberinnen und Auftraggebern aus Politik, Verwaltung und Non-Profit-Organisationen mehr Transparenz zu verschaffen, welche Beratungsangebote für ihre Zwecke geeignet sind.

Qualitätsanforderungen an Gender-Trainings/Gender-Beratung

  1. Gender-Trainings sind ein Baustein zum Erwerb von Gender-Kompetenz. Es ist zu unterscheiden zwischen einem eher strukturell, fach- und sachbezogen ausgerichteten Ansatz und einen eher personenbezogenen, selbsterfahrungsorientierten Ansatz.
     
  2. Gender-Trainings sollten eingebettet sein in ein Konzept zur Einführung des Gender Mainstreaming in die Organisation.
     
  3. Gender-Teams sollten Gender-Kompetenz haben und sich der »Ungleichzeitigkeit des Dialogs« zwischen Männern und Frauen bewusst sein. Ebenso sollten sie die Vielfalt von Lebenswirklichkeiten, Lebensentwürfen und sozio-ökonomischen sowie kulturellen Prägungen der Geschlechter (Gender Diversity) beachten.
     
  4. Das Gender-Team legt ein schriftliches Angebot auf der Grundlage des Vorgesprächs vor. Das schriftliche Angebot enthält die vereinbarten Ziele, die Bestimmung der Zielgruppe, das methodische Vorgehen, Erfolgskriterien und erste Schritte zur Transfersicherung.
     
  5. Gender-Trainerinnen und Gender-Trainer sollten regelmäßig an (kollegialer) Supervision teilnehmen, um die eigene Geschlechtersensibilität ständig weiterzuentwickeln, die Arbeit im Gender-Team zu reflektieren und sich fachlich weiterbilden (genderorientierte Supervision).
     
  6. Gender-Trainings-Teams weisen ihre Beratungskompetenz und Trainingskompetenz nach durch
    a) das Angebot
    b) Prozesse
    c) Gender-Kompetenz
    d) Praxiserfahrung
    e) Formale Nachweise
    f) Nachweis ständiger eigener Fortbildungen
    g) Referenzen

Anforderungen an Gender-BeraterInnen und Gender Coaches

Um Gender-Beratung durchzuführen, sollten die Gender-Beraterinnen und Gender-Berater über eine hohe fachliche Gender-Kompetenz, betriebswirtschaftliche Kompetenzen, Feldkompetenz sowie methodische und persönliche Kompetenzen verfügen. Persönliche Kompetenzen bedeutet:

  • Wissen über menschliches Verhalten, Denken, Erleben und Handeln in seinen geschlechtsbezogenen Ausprägungen und Differenzierungen,
  • Wissen über kommunikative und interaktive Prozesse in Gruppen und Organisationen mit seinen geschlechtsbezogenen Ausprägungen,
  • Fähigkeit zum Perspektivenwechsel und des Gender-Dialogs und der dazu notwendigen Empathie als Trainer/-in für das jeweils gegengeschlechtliche Gegenüber sowie
  • Fähigkeit im Gender-Team zu arbeiten. Dies bedeutet auch die eigenen Lebenserfahrungen zu reflektieren vor dem Hintergrund von Geschlechterrollen und Geschlechterrollenbildern.
  • Denken in komplexen Strukturen, das Erfassen der Komplexität von
  • Geschlechterdimensionen auf allen Ebenen ist ebenso Voraussetzung wie innere
  • Unabhängigkeit und Neutralität.
  • Eine weitere nicht zu unterschätzende Fähigkeit ist eine hohe Frustrationstoleranz und die Fähigkeit zur inneren Distanzierung.

Organisationsbezogene Kenntnisse beziehen sich auf die Kenntnis betrieblicher Strukturen und Abläufe mit ihrer Prägung der »Kultur der Zweigeschlechtlichkeit« und die damit verbundene Feldkompetenz. Dabei ist gleichzeitig Offenheit für den organisationseigenen Weg der Gender-Mainstreaming-Implementierung notwendig. Gender-BeraterInnen nehmen an genderorientierter Supervision teil oder arbeiten mit kollegialer Beratung. Unterstützend wirkt die Zusammenarbeit in kollegialen Netzwerken.