Deutschland und “die Frauenquote” – eine unendliche Geschichte!

Birgit Dederichs-Bain ist überzeugt: die Karriereleiter ist ohne Quote für Frauen nicht zu erklimmen.
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Birgit Dederichs-Bain ist überzeugt: die Karriereleiter ist ohne Quote für Frauen nicht zu erklimmen.

Ausgelöst durch einen (älteren, wieder aufgenommenen) Vorschlag der deutschen Arbeitsministerin, dem nachfolgenden Streit mit der Frauenministerin und einen quasi öffentlichen Rückpfiff der Kanzlerin wird zur Zeit in deutschen Wirtschafts- und Politikkreisen „die Quote“ wieder einmal heftigst diskutiert. Wohlgemerkt, die FRAUENquote – denn alle anderen Quoten bei Ämter- oder Gremienbesetzungen, ob es regionale, konfessionelle, parteiliche oder andere sind, werden als völlig selbstverständlich hingenommen, im Sinne einer ausgewogenen Verteilung und fairen Repräsentation aller Gruppen in allen gesellschaftlichen Bereichen. - Ein Widerspruch?? Offensichtlich nicht, denn sonst müsste sich angesichts der beschämenden Unterrepräsentation von Frauen in Politik, vor allem aber in Wissenschaft und Wirtschaft – obgleich sie mehr als 50 Prozent der Bevölkerung ausmachen - längst Empörung breit gemacht haben!

Die Fakten: Im Jahre 2001 hatten sich die deutschen Unternehmen verpflichtet, den Anteil der Frauen in Führungspositionen zu steigern. Schon damals hatten sich Frauen- und Nichtregierungsorganisationen gegen eine freiwillige und für eine gesetzliche Quotenregelung ausgesprochen. Schließlich gingen doch damals schon andere europäische Länder mit gutem Beispiel voran (Norwegen, Spanien und Frankreich haben seitdem Quoten eingeführt), hatten Forschungen und Studien belegt, dass sich ein höherer Frauenanteil in Unternehmen profitabel in jeder Hinsicht auswirkt (auf Rendite, Gewinn und Aktienkurs) und hatten sich die Regierungen doch schon in der Aktionsplattform von Peking 1995 auf einen 30prozentigen Anteil von Frauen als ‚kritische Masse, die etwas verändern, kann verständigt. Dies betraf zwar vorrangig das politische Institutionengefüge, aber schon in Peking ging es darum, die  politische, ökonomische und soziale Machtteilhabe - für ein selbstbestimmtes Leben von Frauen - in allen Bereichen festzuschreiben und zwar sowohl in Industrie- wie in Entwicklungsländern. Da war die Quote ein Instrument. Das hatte z.B. in Indien ein Gesetz zur Folge, das einen 30prozentigen Frauenanteil auf der lokalen Regierungsebene vorsah. Das Gleiche passierte in vielen anderen Entwicklungsländern. Belange der Frauen sollten besser eingebracht werden; eine veränderte  Kultur – in Politik und Wirtschaft - sollte greifen, eine andere Wertebasis. Auf heute und auf die Wirtschaft übertragen hieße das: andere Führungsstile, andere Karrieremodelle statt 70 Wochenstunden und keine E-Mails an Abenden und Wochenenden, stattdessen flexible Arbeitszeitmodelle und parallele Lebensformen. Und von einer gesünderen work-life-balance – so argumentieren viele Artikel - würden Männer wie Frauen profitieren! Wie sagte schon seinerzeit die amerikanische Frauenrechtlerin Bella Abzug: „Frauen möchten gar kein Stück des vorherrschenden gesellschaftlichen Kuchens – sie wollen einen anderen Kuchen!“

Wie sieht es stattdessen heute aus: Sicherlich hat sich in den letzten Jahren etwas getan – die politische Repräsentanz z.B. nahm weltweit zu auf ca. 15 Prozent -, aber immer noch geschieht viel zu wenig und viel zu langsam: In den 30 DAX-Unternehmen ist der Anteil von Frauen in den Vorständen verschwindend gering. In den 100 größten Unternehmen stieg der Frauenanteil in den Vorständen in den letzten vier Jahren von 0,2 auf 2,2 Prozent!  Wenn man dann noch davon ausgeht, dass sich in unserer globalisierten Welt der Primat der Politik zugunsten der Wirtschaft und des in weiten Teilen unregulierten parastaatlichen Raumes verschoben hat, dann ist das ein ziemliches Armutszeugnis. Und auch ein großer Verlust – kann es sich eine Gemeinschaft denn leisten auf die Talente von über 50 Prozent seiner Bevölkerung zu verzichten?? Ist die Quote dann nicht einfach ein sinnvolles Instrument? Und schließen sich denn Quote, also Quantität und Qualität gegenseitig aus? Ich meine, nein! Wie formulierte es kürzlich ein Artikel: „Wer will schon eine Quotilda sein?“ Wieso stellt sich diese Frage eigentlich nicht bei allen anderen Quoten??

 

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