Where have all the racist pussies gone?

Feministischer Zwischenruf

Women's March: Wenn Weiße Feministinnen „Justice“ rufen, meinen sie „Just US“! Ein nicht-WeiserSchwarzer, feministischer Zwischenruf.

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52% aller Weißen Frauen stimmten für Donald Trump und machten ihn damit zum Präsidenten

Um welche Rechte geht es? 52% aller Weißen Frauen stimmten für den Kandidat Donald Trump. Schwarze Frauen wählten zu 82% die Kandidatin Hillary Clinton; Latinas wählten sie zu 69%. Was haben Schwarze und Weiße Frauen also gemeinsam zu tun auf dem Women's March?

Wenn Schwarze Frauen Weißen Frauen bei deren emanzipatorischen Protesten folgen oder meinen, deren Anliegen teilen zu müssen, wählen sie immer auch Rassismus und Ausgrenzung mit. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben. Zwei Beispiele:

Zunächst Weiße Vorherrschaft und Ökonomie. “We believe Gender Justice is Racial Justice is Economic Justice”, so lautete eines der Prinzipien der Organisator*innen. Doch warum nicht adressieren, wer wie von wem warum und seit wann rassistisch-ökonomisch profitiert? Ein pinkes Plakat zu diesem Kardinalspunkt feministischer Kämpfe fehlte: W82 – S65 – H58. Diese Zahlen beschreiben Gehälter von Frauen in Centangaben im Vergleich zum Dollarverdienst des Weißen (hetero- und homosexuellen) Mannes 2015;  Weiße (W), Schwarze (S) und Hispanic Frauen (H). Das ist nicht besonders mehr oder weniger white economic injustice als 1980 da schon vor 30 Jahren galt: W60 – S56 – H53. Seitdem kam es nur zu einer kleinen innersystemischen Verschiebung, aber zu keiner Veränderung. Wann waren Rassismus und Ungleichheit zwischen Weißen und Schwarzen Frauen größer, intensiver, brutaler, ignoranter 1980 oder 2015?  

Das zweite Beispiel: Weiße Vorherrschaft und Sexismus. Diese ganz spezielle Passage durchlaufen zu müssen, um als Schwarze Frau das Recht zu erhalten, andere Menschen wegen sexueller Übergriffe anzeigen zu dürfen, war und ist für Weiße Frauen bis heute nicht einen einzigen Tag vorstellbar. Denn für sie, die Weißen Frauen, wäre es in der Kolonialzeit ein kompletter racial Normbruch gewesen, einen Schwarzen und überhaupt jeden anderen nicht-Weißen Mann nicht anzuzeigen. Dies galt auch schon bei ihren Blicken auf die Weiße Frau. Ebenfalls ein Normbruch wäre es gewesen, besonders – aber nicht ausschließlich – in den KKK-Territorien, nicht zu lynchen, oder zumindest aber extrem foltern (lassen) zu können. Diese Gewalttätigkeit wurde ihnen als weißes-Frauen-Naturrecht zugesprochen.

Aretha Schwarzbach-Apithy

Aretha Schwarzbach-Apithy ist gelernte Erzieherin, Stipendiatin der Friedrich-Ebert-Stiftung. Studium der Erziehungswissenschaften an der TU und Gender Studies an der HU Berlin, Magisterarbeit zum Thema: "Die Metamorphose zur Anti-Rassist – aus afrozentristischer Perspektive." Thema ihrer Doktorarbeit: "Weißsein als Norm in den Erziehungswissenschaften". Arbeitsaufenthalte u.a. in Zambia und Bolivien mit den Schwerpunkten Empowering und Dekolonisation im Kinder- und Jugendbereich. Sie ist Aktivistin in der Black Community, Mitbegründerin der Schwarzen Studiumsgruppe und leidenschaftliche Mutter.

Und wie nutzen sie heute den Women's March gegen colonial White Supremacy? Vertreterinnen beider Gruppen, Weiße Trump-Wählerinnen und Weiße Nicht-Trump-Wählerinnen nutzten die Women's-March-Gelegenheiten, um zu protestieren. So, WE do know that pussies r beautiful, warm, funny and much more … nothing new with that. But there r a lot of racist pussies out there too …

Auch ich stehe in einer bestimmten Relation zur Weißen Frau; sagen wir in Anlehnung an den March in einer Pussyrelation. Doch sie, die Weiße Frau steht entsprechend den noch aktuellen Gehaltsunterschieden und wegen vieler, vieler anderer rassistischer Unterschiede deutlich näher zum Weißen Mann. (Besonders Weiße linke, liberale feministische Nicht-Trump-Wählerinnen wollen diese Verbindung nicht wahrhaben). Doch lassen wir all das für eine Sekunde beiseite: Let all the penises out of it and let's talk among us ... among pussies! But … where have all the white pussies gone?

Wo war so ein richtig wütender positionierter Weißer Pussy-March angesichts 258 getöteter Schwarzer Menschen durch die US-Polizei allein in 2015? Etwa alle 1,5 Tage wurde ein Schwarzer Mensch getötet. Kann die feministische Liberale Linke Rassismus nur bestimmten sogenannten konservativ-reaktionären Ideologien zuordnen und folglich auch nur da verzerrt erkennen? Kommt es deshalb zum Women's March  nach der Wahl eines D. Trump? Zum größten Protest in der rassistischen US-Geschichte?

Das zeigt, dass in vorangegangenen Wahlperioden White Supremacy schon längst nicht mehr erkannt werden wollte und nicht erkannt zu werden brauchte von Weißen Feministinnen. Wie prägen Weiße Privilegien die Realitäten Weißer Frauen, so dass diese Rassismus und Demokratie als etwas nicht gemeinsam Erfahrbares deklarieren? Reicht es also aus, irgendeine Pussy vorzuweisen? Nein, das tut es eben nicht.

Weiße Frauen kennen kollektive systematische kolonialrassistische Unterdrückung. Sie kennen rassistischen Terrorismus. Aber nicht so wie Schwarze Frauen. Vielmehr als Weiße Pussies neben Weißen Penissen sitzend, wenn auch etwas schräg versetzt dahinter. Mit und ohne Kapital. Mit und ohne Bildung.

Deswegen ist Racial Injustice in ihren Protesten höchstens in Form von Slogans fokussiert. Das ist die historisch-gegenwärtig korrekteste Antwort auf Where have all the White pussies gone? Sie waren nie da. Sie sind jetzt da, um sich selbst zu retten. Um nichts anderes geht es.