Ein Schritt vor - und zwei zurück?

Eine kritische Erläuterung der Reformmodelle zur Einkommensbesteuerung

Das Ehegattensplitting ist kein in Stein gehauenes Gesetz und die oft zitierte Verfassungskonformität fragwürdig. Es gibt keinen zwingenden Grund, nicht nach Alternativen zu diesem Steuermodell zu suchen – wohl aber die Notwendigkeit, durch dieses Modell entstehende Ungerechtigkeit zu benennen und gerechtere Gesetze einzufordern. Der Blick in andere Gesellschaften zeigt, dass die Ehegattenbesteuerung nach deutschem Modell eine Ausnahme ist, Individualbesteuerung hingegen eher die Normalität.

Die derzeit diskutierten Reformmodelle vertreten ein breites Spektrum von Alternativen mit teils gegensätzlicher Zielrichtung. Doch aller Kritik und allen Ideen zum Trotz tun sich Politik und Verwaltung schwer mit einer wirklichen Reform – vielleicht, weil die „Abschaffung des Ehegattensplittings“ zu schnell als Steuererhöhung interpretiert würde – oder weil die eigene Biographie nicht infrage gestellt werden soll? Die folgenden Kapitel erläutern die konkreten Modelle und die zögerliche Diskussion darüber.

Steuerpolitik

Politik steuert mit Steuern. Welche Steuern werden in welchem Umfang erhoben? Sind öffentliche Haushalte geschlechtergerecht? Die Forderung nach einer eigenständigen Existenzsicherung aller Individuen rückt deren Besteuerung in den Blick: Neben der Lohnschere zwischen den Geschlechtern werden auch Steuerunterschiede sichtbar. Steuern fördern oder begrenzen bestimmte Lebenskonzepte. Steuern können geschlechterungleiche Rollenzuweisungen fortschreiben: Hier steuern feministische und geschlechtergerechte Politiken dagegen.