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Was verkauft Frauenfußball?

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Stereotype Bilder: Frauen in Rock und Highheels am Ball
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Stereotype Bilder: Frauen in Rock und Highheels am Ball
Nicht erst seit Beginn der WM gilt unsere Nationalmannschaft als erfolgreichstes Team der Welt. Jetzt wird das auch der Medien- und Werbeindustrie bewusst. Das eingesetzte Werbeaufkommen hat die mediale Präsenz der Kickerinnen enorm erhöht. Die sechs nationalen Förderer der WM 2011, die den Frauenfußball mit Sponsoring und großen Kampagnen unterstützen, gehören zu den wichtigsten Unternehmen Deutschlands.

Die forcierte Vermarktung des Frauen-Fußballs wird oft als Indiz dafür gesehen, dass dieser Sport in der ersten Riege angekommen ist und endlich ernst genommen wird. Tatsächlich verhilft das Marketing auch zu einer erhöhten Präsenz in TV und Radio, Zeitungen, Zeitschriften und Internet. Aber das bedeutet auch, dass die Sportart in einer Maschinerie von Marktstrategien mitfährt, die auf Konsumsteigerung abzielt.

Das System Marketing funktioniert nach eigenen Prinzipien, und es perpetuiert dabei auch ganz eigene Bilder der Werbestrateg_innen von Frauen als Konsumentinnen wie auch von Männern als Konsumenten. Der Werbemarkt entscheidet sich weniger dafür, die Gleichwertigkeit des Fußballs der Frauen mit dem Fußball der Männer zu betonen. Viel mehr wird der Unterschied des Frauenfußballs als spezifisch weiblicher hervorgehoben.

Fußball und Frauen

Dabei scheint der offizielle Slogan dem zunächst zu widersprechen: „2011 von seiner schönsten Seite“. Es ist nicht „ihre“, sondern „seine“ schönste Seite. Das Motto macht bewusst, dass es hier in erster Linie um den Sport geht und nicht um die Weiblichkeit. Das wird so auch von den großen Werbeträgern umgesetzt, beispielsweise wenn einer der Nationalen Förderer die Spielerinnen als Persönlichkeiten mit ausgezeichneten sportlichen Fähigkeiten portraitiert. In Werbeeinspielern zur Prime Time gelingen Prinz & Co. die Pässe und Tore exakt und mit verspielter Leichtigkeit. Besonders weiblich ist hier nur die Stimme im Werbesong.

Fraglich ist das dem offiziellen Motto beigefügte weibliche Attribut der Schönheit. Der Superlativ , der im Motto steckt, spielt dabei auch auf das Vermarktungsplus dieser Sportart an: „2011 von seiner schönsten Seite“ – ein hervorragender Werbeort!

´Frauenfußball ist Fußball UND Weiblichkeit´ ist das unausgesprochene Werbemotto dieser WM, wenn es um die tatsächlichen Marktstrategien geht. Das „weibliche Plus“, das zum Fußball zusätzlich dazukommende Weibliche, ist der Mehrwert, der in der Werbebranche hervorgehoben wird. Die gekonnte Inszenierung weiblicher Attribute verkauft sich besser als ein mit dem Männersport gleichwertig dargestellter Fußball. So hat Lira Bajramaj, eine der attraktivsten Spielerinnen im Team, DEN hochdotierten Werbevertrag mit einem Sportartikelkonzern. Als prominente Person inszeniert sie bewusst ihre Schönheit. In Interviews beantwortet Lira die Frage nach ihrer Zukunft nach dem Fußball mit dem Traum einer eigenen Kosmetikfirma.

Der Fußballexperte

Ein wichtiger Teil von Meisterschaften sind für viele Fans die Quotenwetten und Fußballquizze. Auf welcher Seite dabei das Fußballwissen auch bei der Frauen-WM liegt, glaubt eine Supermarktkette in ihren 3.000 Filialen zu wissen: Hier werden mit einem Tippspiel männliche Einkäufer mit der Frage „Sie sind ein echter Fußballexperte?“ angesprochen. Zur Anzeige gehört ein Fußball, der von einem weiblichen Spielerinnenbein mit Stollenschuhen, nein, Stollenpumps festgehalten wird. Die Wort- und Bildwahl zielt auf männliche Konsumenten ab. Ebenso die Preise: Flachbild-Fernseher, Heimkinosystem und Zapfanlage. Die weiblichen Fans erwartet zeitgleich eine Aktion mit günstigem Prosecco! Mit weiblichen Attributen wirbt ebenso die lokale Veranstaltungskampagne eines Nationalen Förderers, auf dem ein mit Wimperntusche geschminktes Auge in Form eines Fußballs das Public Viewing repräsentiert. Der Eye Catcher wird beim zweiten Hinsehen zum Hindernis: Er legt nahe, dass der Frauenfußball vornehmlich von Frauen geschaut wird.

Weltmeisterlich konsumieren

Noch weiter geht das „Frauen-Power Paket“. Damit betitelt ist die begleitende Kampagne eines der größten Konsumgüterunternehmen der Welt, das auch in Deutschland produziert. Besagtes Paket ist eine Sammelaktion für Prämien. Wer Produkte teilnehmender Marken kauft und Punkte sammelt, kann pink-weiße Fußbälle, Fußball-Backform und Ähnliches abstauben. Finden lassen sich die Punkte vor allem auf Reinigungs- und Hygienemitteln. In den Augen der Werbetreibenden scheinen diese auf die Einkaufszettel der Hausfrauen zu gehören, die für sich und ihre Familie einkaufen. Das Flaggschiff der Aktion ist Steffi Jones, die auf dem Flyer fröhlich lächelnd einen Fußball in die Kamera hält und so die Aufforderung „Jetzt Punkte sammeln für Gratisprämien!“ illustriert. Die „Frauenpower“ liegt hier weniger im rasanten Fußball-Spielen als im rasanten Konsumieren.

Die Werbekampagnen inszenieren die Weiblichkeit des Sportes und zielen mit stereotypen Vorstellungen auf männliche und weibliche Zielgruppen ab. Frauenfußball ist in der Vermarktung angekommen. Aber wird der Sport so ernster genommen?