Befreiend
Die massenhaften Proteste während des Sommers 2013 in der Türkei offenbarten es: In erheblichen Teilen der Bevölkerung hat sich enormer Unmut über die konservativ-islamische AKP und die von ihr verursachte soziale, kulturelle und ökonomische Misere angestaut. Istanbul erlangte damals innerhalb weniger Tage weltweite Berühmtheit als „City of Resistance“. Gezi war die Initialzündung, doch die daraus hervorgegangene Bewegung war landesweit, und sie erfasste erhebliche Teile der jungen Generation.
Die Proteste wurden von JournalistInnen und AktivistInnen als Zäsur eingeschätzt. Einerseits fand eine Bewusstseins-revolution statt, bei der über politische Institutionen hinaus gegen verkrustete Strukturen aufbegehrt wurde. Andererseits ist die Gezi-Bewegung auf der realpolitischen Ebene vorerst gescheitert. Erdogan und die AKP sind weiter an der Regierung. Doch die daraus resultierenden schmerzhaften Niederlagen der Bewegung sind nur ein Teil der Geschichte, die in der Türkei derzeit gemacht wird. Unser Themen-schwerpunkt fragt nach den Hintergründen der Proteste, ihrer historischen Bedeutung und der Zukunft dieser heterogenen Bewegung.
Bestellung über Verlagsseite
Inhaltsübersicht
Beiträge im Themenschwerpunkt
Editorial zum Themenschwerpunkt
Das Rad ist im Rollen. Die Gezi-Bewegung hat die Türkei nachhaltig verändert
von Jan Keetman
Einen Tee für alle bitte. Warum die Gezi-Protestbewegung überfällig war
von Gül Keetman
»Leiste Widerstand mit Hartnäckigkeit«. Feministische Slogans prägten den Widerstand
von Tuğçe Ellialtı
»Das F-Wort wurde verflucht«.
Interview mit İnci Özkan Kerestecioğlu über türkischen Feminismus und die Gezi-Proteste
»Hier bin ich, Darling«. Die LGBT-Szene vertritt ihre Ziele als Teil der Protestbewegung
von Canset Icpinar
Vom Aufstand zur Palastrevolution. Der Machtkampf zwischen AKP-Regierung und Gülen-Netzwerk
von Errol Babacan
»Ich entschuldige mich«.
Interview mit Levent Sensever und Gonca Sahin über den Genozid an den ArmenierInnen und die Gezi-Proteste
Und die Gewerkschaften? Widerstand gegen Islamismus und Neoliberalismus
von Axel Gehring
»Jetzt diskutiere ich«. Die Kulturschaffenden sind wichtiger Teil der Protestbewegung
von Sabine Küper-Busch
Weitere Themen im Heft:
Editorial
Politik und Ökonomie:
Senegal: Einfach ist das nicht. AktivistInnen kämpfen gegen die verbreitete Homophobie
von Martina Backes
Ghana I: »Halb arm, halb reich«. Erfolgreich, aber die Armut besteht fort
von Maria Tekülve
Ghana II: Röhrenfernseher für Afrika. Europas Elektroschrott wird oft illegal entsorgt
von Ines Zanella
Burkina Faso: »Landwirtschaft gilt als aussichtslose Arbeit«.
Interview mit Inoussa Maiga über die Herausforderungen kleinbäuerlicher Landwirtschaft
Südsudan: »Dahinter steht der Tribalismus«. Ethnische Politik im Südsudan
von Ulrike Schultz
Honduras: Vom Putsch zur »grünen« Diktatur. Indigene wehren sich gegen den Ausverkauf des Landes
von Kirstin Büttner und Daniela Dreißig
Hispaniola: Achtzig Jahre auf Durchreise. Die Dominikanische Republik entzieht Staatsbürgerschaften
von Tobias Schwarz
Kultur und Debatte:
Debatte: Zusammenarbeit mit Gotteskriegern? Replik auf René Wildangels Verteidigung der NGO-Arbeit in Palästina
von Remko Leemhuis
Islamdebatte: Die Schatten verscheuchen. Boualem Sansal ruft zu einer neuen Debatte über Islam und Islamismus auf
von Matthias Küntzel
Nachruf: Wider den autoritären Populismus. Mit Stuart Hall verliert die antirassistische Linke einen bedeutenden Intellektuellen
von Kolja Lindner
Rezensionen