Vom 9. bis 20. März tagt in New York die UN-Frauenrechtskommission (FRK) zum 59. Mal. Sie überprüft nach nun mehr 20 Jahren die Umsetzung der Pekinger Aktionsplattform von 1995 die auf der 4. Weltfrauenkonferenz in Peking Maßstäbe gesetzt hat für die Gestaltung und Durchsetzung von Frauenrechten weltweit.
Gestern, Montag (09.03.2015), offizieller Start der 59. Frauenrechtskommission in der UN. Hochrangig, durch Generalsekretär Ban Ki-Moon eröffnet. Er sieht in Fragen der Frauengleichstellung und Frauenrechte seit der Peking-Plattform vor 20 Jahre zwar Fortschritte, aber enttäuschend wenige und geringe. Er stützt sich auf einen Bericht mit Daten sowohl von Seiten der Regierungen als auch der Nicht-Regierungsorganisationen aus insgesamt 167 Staaten. Das soll bis 2030 anders werden. Er will bis dahin eine 50:50 Beteiligung von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen weltweit.
Regierungen haben versagt
Für UN Women Geschäftsführerin Phumzile Mlambo-Ngcuka liegt angesichts des geringen Fortschritts für Frauen bzw. oft sogar Stillstand und Rückschritte das Versagen der Regierungen klar auf der Hand.
Sie will daher eine Kampagne „Planet 50-50 bis 2030: Step it up for gender equality“auf den Weg bringen. Dann folgenden stundenlang Erklärungen der Delegierten der unterschiedlichen Staaten – zum Teil haben sie den Rang von Ministerinnen, zum Teil sind es Repräsentantinnen niedrigeren Rangs. Soweit ich das mitverfolgt habe, benennen sie – sehr allgemein zwar – meist Fortschritte für Frauen und ihre Rechte in ihren Ländern, aber gestehen, mit unterschiedlichen Schwerpunkten auch dringenden Verbesserungsbedarf im Sinne der Peking-Plattform zu. Weltweit eines der drängendsten Probleme: die Gewalt gegen Frauen, häusliche, sexualisierte, Kriegsgewalt, die von einigen ausdrücklich nicht nur als strafrechtlich zu verfolgendes Verbrechen gekennzeichnet wird, sondern als Verstoß gegen grundlegende Menschenrechte.
Auch in Deutschland erleben viele Frauen Gewalt
Deutschland wird von Frauenministerin Manuela Schwesig vertreten. Auch sie greift die weltweiten Bedrohungen, Krieg, Terror, denen gerade auch Frauen ausgesetzt sind, auf. Auch in Deutschland gesteht sie zu, haben noch immer um 40 % der Frauen physische oder sexualisierte Gewalt erlebt, eine Situation die für sie vordringlich bei der Post-2015 Agenda und für die „Sustainable Development Goals auf der Tagesordnung steht.
Am Nachmittag verabschieden die Regierungsdelegierten dann eine politische Deklaration. Im wesentlichen ist es eine Absichtserklärung, nun wirklich bis 2030 die Gleichstellung der Geschlechter, die Stärkung von Frauen und ihrer Rechte gemäß der Peking Plattform umzusetzen. Eine Erklärung, die bereits im Vorfeld von den Staaten und einzelnen Staatenbünden ausgehandelt wurde, ohne dass die NGOs dabei große Beteiligungsmöglichkeiten hatten. Eine zahnlose Erklärung, machten heute immer wieder Frauen in verschiedenen Foren ihrer Enttäuschung Luft. Tatsächlich werden weder konkrete Schritte formuliert, wie der weitgehenden Tatenlosigkeit und dem offenkundigen Unwillen der Staaten, Frauenrechte zu realisieren, beizukommen ist. Noch sind die Handlungsfelder konkreter benannt. Ausgespart bleiben zum Beispiel immer noch Fragen der Durchsetzung von reproduktiven Rechten und zur Wahl der eigenen sexuellen Identität, ebenso wie die längst in UN-Resolutionen festgelegte strafrechtlicher Verfolgung von gender-basierten Kriegsverbrechen.
Viele parallele Events
Insgesamt finde ich diese Plenar Sitzungen extrem ermüdend – die Reden können nur per Übertragungen auf riesigen Videowänden in einem Nebensaal zum Hauptsitzungssaal der UN verfolgt werden, die air-conditionierter Luft ist trocken und viel zu warm. Trotzdem, sind die Plätze durch die Konferenzteilnehmer_innen teilweise voll belegt. Zugleich herrscht ein ständiges Kommen und Gehen von Frauen in diesem sonst von Männern dominierten Bereich. Die Vielfältigkeit Tausender von Frauen aus aller Welt machen dieses Gebäude und die Konferenz zu einem lebendigen Ort.
Überall laufen parallel zu den Plenarsitzungen in den vielen Konferenzräumen des UN-Gebäudes und in zwei anderen Gebäuden Veranstaltungen mit Diskussionen zu den unterschiedlichen Themen der Peking Plattform. Sie werden von regionalen, international tätigen und/oder lokalen NGOs angeboten, die sogenannten „Side-Events“ jeweils unterstützt von einzelnen Regierungen, die sogenannte „Parallel Events“, laut Info-Broschüre von UN Women mehr als 450 – in alleiniger Regie der NGOs. Schwierig, da einen Überblick zu bekommen, und sich zu entscheiden. Denn oft liegen interessante Veranstaltungen zeitgleich.
high priority Panel zu Online-Harassment
So gehe ich erst mal zu einem sogenannten „high priority Panel“ zu „Critical issues on the Human Rights of Women and Girls and the Internet“. Es geht um Cyberkriminalität und die Frage, wie Online-Harassment verhindert bzw. dagegen vorgegangen werden kann.
Inputs geben Regierungsvertreterinnen aus Estlandd, Costa Rica und Phillipinen. Marina Kaljurand, Diplomatin aus Estland sieht die Freiheit der Kommunikation und des eigenen Ausdrucks auch in Medien als Basis zur Durchsetzung von Frauen/Menschenrechten. Sie plädiert für eine frühzeitige Internet-spezifische Bildung und Qualifizierung gerade für junge Mädchen, damit sie in der Nutzung der neuen Technologien einen bewußte Umgang entwickeln, auch gegen die Gefahren z.B. des Cyberstalkings und anderer Formen von Gewalt im Internet, im Sinne einer „digitalen Souveränität“. Die Philippinen sind Teil einer „Global Alliance against online abuse“. Sie versuchen, so Leah Tandora- Arramento, Staatsekretärin für Justiz, über eine Gesetz gegen Cyber-Missbrauch Gewalt im Internet zu verhindern, v.a. die Darstellung von Kinder-Pornografie und „Sex Trafficing“. Sie organisieren zudem einen Runden Tisch oder Rat, an dem Vertreter_innen der Regierung, von NGOs aber auch aus dem privatwirtschaftlichen Sektor beteiligt sind, um gegen Cyber-Missbrauch vorzugehen. Für alle Beteiligten ist klar: der freie Zugang zu Informationen ist ein fundamentales Freiheitsrecht und Basis für nachhaltige Entwicklung. Er muss daher für Frauen und Mädchen gewährleistet werden. Für keine steht dagegen, dass es zugleich gesetzliche Regulierungen und Einschränkungen gegen Cyber-Harassment geben muss.