Popkultur verbindet. Mediale Ikonen der letzten Jahre werden Teil der aktuellen Pussy Power Resistance, findet Sookee in ihrem aktuellen feministischen Zwischenruf.
„One Billion Rising“ oder auch die Slutwalks haben in den letzten Jahren weltweit viele tausend Menschen auf die Straßen geladen, um patriarchale Politiken als Relikte vordemokratischen Denkens zu entkleiden. Trotz bester Absichten wurden sie im Nachgang mit Kritik überhäuft: weißer Mehrheitsfeminismus, fehlende Transinklusivität und zum Teil problematische Haltungen zum Thema Sexarbeit und zum Islam. Doch nichts konnte die Bedeutsamkeit feministischer Kämpfe schmälern, in einer Zeit, in der nicht nur explizit antifeministische Stimmen gerne behaupten, der Kampf für Geschlechtergerechtigkeit sei ein Luxusproblem - zumindest in den Teilen der Erde, in denen das Patriarchat nicht im Kastenwesen, der Scharia oder ähnlich schlimmen Gesetzen verankert ist.
Dabei ist das konservativ-reaktionäre Wesen des Patriarchats zentrales Element des Rechtsrucks dieser europäisch-US-amerikanischen Gegenwart, das ist doch so offensichtlich: Antifeminismus und Rassismus sind die Gleitmittel für den Kampf gegen die Demokratie.
Anlässlich der Amtseinführung Donald Trumps sind mehrere Millionen Frauen* (und andere Geschlechter), in zahlreichen Großstädten der USA und Europas auf die Straße gegangen, um kollektiv ihren Widerstandswillen zu artikulieren. Die Women’s Marches haben sich dabei mit den pinken Strickmützen - den Pussy Hats - die erste Referenz geschaffen, die auf weibliches Handwerk, weibliche Alltagskultur und weiblichen Humor zurückgreift und die Türen für eine kreative Schaffensfreude öffnet. Das Medium ist die Nachricht: Auf Trumps sexualisierte Gewalt verharmlosende Äußerung des „Pussy grabbing“ reagieren die Demonstrant*innen gleich dreifach. Sie entgegnen der Vereinzelung, der Scham, die sich durch solches Verhalten meistenteils bei den Betroffenen einstellt, eine Kollektivität, die das radikale Gegenteil zum Schweigen darstellt. Weiterhin verlagern sie die „Pussy“ aus einer vermeintlich verletzlichen Stelle ihres Körpers ins Zentrum ihres Wissens und ihrer Kraft: Die Vagina wandert gewissermaßen in den Kopf, und setzt sich als Politikum von dort aus zur Wehr. Drittens berufen sich diese Frauen auf eine alte Weisheit der großen Kunst der Subversion, die da rät, Hass mit Humor zu begegnen.
Auch die Protest-Plakate, deren Kreativität medial wertschätzend aufgegriffen wurde, strotzen nur so vor Wortspielen, die Trumps Inkompetenz und Hybris unterlaufen. Die Grumpy Cat ist als Mutter aller Internet-Memes Teil der Pussy Power Resistance. Nicht nur das Schmunzeln trägt hier zur Auseinandersetzung mit todernster Realpolitik bei, sondern auch die vielen kleinen Aha-Effekte, die durch zahlreiche Popkultur-Referenzen ausgelöst werden.
Der Text von Cindy Laupers Girl-Power-Classic wird um einige Silben ergänzt und die Melodie wird in den Köpfen der Betrachtenden weitergesponnen: Girls just wanna have fundamental rights. Auch Julie Andrews singt als Mary Poppins seit Trump einen neuen Text auf die alte Melodie: Super Callous Facist Racist Extra Braggadocious. Die feministische Schubkraft, die weibliche Charaktere und Künstlerinnen in den Filmen unserer Kindheit und Songs unserer Jugend aufgrund der Begrenzungen kulturindustriellen Gewolltseins nur bedingt durchscheinen lassen konnten, erstrahlen spätestens auf den Women’s Marches neu. Carrie Fisher, die mit ihrem Tod eine unheimliche Ehrung als feministische Ikone erfuhr, schaut als Prinzessin Leia von Demo-Schildern herab: A woman’s place is in the resistance.
Wir reisen aber nicht nur in die Vergangenheit unserer Medienrezeption, wir werden auch daran erinnert, dass wir wissen wollen, was passiert, wenn in der nächsten Staffel von Game of Thrones die Bedrohung der politischen Kälte des Winters ausbricht. Es verschwimmt der Binge-Watching-Eskapismus einer Netflix-and-chill-Welt mit der knallharten Realität von Verordnungen und Gesetzen, die das Leben von Millionen rahmt. Sich genau dazwischen bewegen zu können, wie die Sprüche auf den Transparenten und Plakaten, ist ein gutes Mittel, um nicht den Kopf zu verlieren, über die Absurdität und Brutalität des Trumpismus, des Rechtsrucks.
Das mobilisierende Moment ist dabei stark: Ich muss die Details der politischen Vorgänge nicht auswendig kennen, um als digitale Passantin zu erspüren, worum es hier geht. Das popkulturelle Kollektivwissen lädt mich zum Protest ein. Das ist praktizierter Antielitarismus, klassenverbindend und lebensnah. Hier werden keine akademischen Spitzfindigkeiten in Parolen gepresst, hier wird breit gedacht und flächig protestiert. Hier bekommt eine Protestform einiges unter einen Hut, oder besser gesagt: Unter einen Pussy Hat.