Ein Gedicht von Noor Kanj - im Rahmen von Weiter Schreiben - ein literarisches Portal für Autor*innen aus Krisengebieten.
Es sieht dich nicht,
auch nicht das, was du nicht sehen willst.
Manchmal tauchen Dinge in deiner Fantasie auf,
die dir vielleicht ähneln.
Es sieht dich nicht.
Plötzlich wendest du dich um und fragst:
Ist das eine Mauer oder ein Weg?
Es sieht dich nicht.
Was stützt dich? War es bisher dein Rücken?
Deine Dunkelheit ist trüb,
doch du sorgst dich um den Schmerz in deinen Fingern!
Es sieht dich nicht,
aber mit der Zeit
wirst du dich an die Fremden gewöhnen,
an das Geschwür
und an die dunklen Farben der Prellungen.
Du wirst dich daran gewöhnen,
dass du ein Stück Käse bist
und die einzige Maus
und die anderen eine sichere Falle.
Es sieht dich nicht.
Wie lange bist du schon einsam?
Oder
Warum kam niemand, um dich zu retten?
Oder
Du beruhigst dich doch
mit vagen Sätzen,
die nur du allein verstehst,
als ob du sagen wolltest: Warte.
Du rächst dich nur an deiner Hand,
wenn die Scheiben deiner Fenster blitzblank sind während der Tage des Khamsin.*
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* Khamsin bedeutet auf Arabisch Fünfzig. Es ist auch der Name für trockene und heiße saisonale Winde oder Stürme, die von der Sahara in die arabische Region wehen und oft Sand mit sich tragen. Das führt zu einem raschen Anstieg der Temperatur und zu schlechter Sicht. Sie werden Khamsin genannt, weil sie während der ersten fünfzig Tage des Frühlings auftreten.
Dieser Text erschien zuerst auf weiterschreiben.jetzt.
Dieser Text wurde von Suleman Taufiq übersetzt.