Queer und Hier
Die Expertise von queeren Geflüchteten
Das Queer European Asylum Network bringt queere Menschen mit Fluchtgeschichte, Kulturschaffende und politische Entscheider*innen zusammen
Von Ines Kappert
Queere Asylsuchende sind überdurchschnittlich oft von Gewalt betroffen. Anders gesagt: Sie sind fast nirgendwo sicher. Die Gewalt geht dabei sowohl von homophoben anderen Geflüchteten aus, von Familienmitgliedern, Mitarbeitenden in den Unterkünften oder auch rechtsextremen Gruppen, die Menschen mit Fluchtgeschichte auf der Straße angreifen. Die Europäische Union hat auf diese besonders gefährliche Situation von queeren Geflüchteten reagiert. So schreibt die EU-Aufnahme Richtlinie 2013/33, dass die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet sind, angemessene Maßnahmen zur Identifizierung und Unterstützung von dieser besonders verletzlichen Personengruppe zu ergreifen. Doch weder in der EU noch in Deutschland wird diese Richtlinie in ausreichendem Maß umgesetzt. Zum Beispiel geht jedes Bundesland unterschiedlich mit der besonderen Schutzbedürftigkeit um - je nach politischer Ausrichtung. In Berlin ist die Situation besser, es gibt Unterkünfte allein für queere Menschen und entsprechende Beratung sowie medizinische Versorgung; in Sachsen und Bayern hingegen ist die Situation denkbar schlecht. Insgesamt aber greifen die Gewaltschutzkonzepte meist überall zu kurz. Ebenso sind Feststellungsverfahren darüber ob jemand homosexuell, trans- oder inter ist, etwa beim BamF, in der Mehrheit entwürdigend und beleidigend für die Betroffenen. Sie ignorieren zumeist die besondere Situation von queeren Geflüchteten, etwa dass ein Outing für sie lebensgefährlich sein kann. Immer wieder berichten Geflüchtete, dass ihre Glaubwürdigkeit angezweifelt oder negiert wurde, weil sie sich in ihrem Herkunftsland nicht geoutet haben. Dabei hätte ein Outing nicht selten den Ausstoß aus der Familie bedeutet und immer wieder auch Gefahr für Leib und Leben. Außerdem werden queere Geflüchtete fast nirgends nicht allein als schutzbedürftig, sondern ebenso als Expert*innen anerkannt.
Die Pandemie hat die Situation für alle Menschen, die in Unterkünften leben müssen, extrem verschärft. Für queere Geflüchtete allerdings bedeutet dies häufig, dass sie aufgrund der Ausgangssperren und Besuchsverbote mit ihren Peiniger*innen auf unbestimmte Zeit eingesperrt sind, ohne irgendeine Form von Unterstützung in Anspruch nehmen zu können. Allzu oft besteht die Verbindung zur Außenwelt dann nur noch im Kontakt mit den Sicherheitsleuten. Der zumeist schlechte Internetzugang tut sein Übriges und verwandelt Sammelunterkünfte mitunter zu einer Art Gefängnis.
Angesichts dieser schwierigen Lage, begann das GWI 2017 gemeinsam mit dem Studenten der Cultural Studies und späterer Mitarbeiter der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld Mohammad Dalla ein Netzwerk aufzubauen, das sich zum Ziel gesetzt hat, die besondere Situation von queeren Asylsuchenden in der breiteren Öffentlichkeit besser sichtbar zu machen und darüber hinaus Aktivist*innen, Wissenschaftler*innen und politische Entscheider*innen in Dialog zu bringen. Natürlich mit der Absicht die Lebensbedingungen queerer geflüchteter Menschen deutlich zu verbessern. Es fanden mehrere Vernetzungstreffen statt. 2019 dann gründete sich unter der Leitung der beiden Wissenschaftlerinnen Mengia Tschäeler und Nina Held das Queer European Asylum Network. 2020 konnten trotz Pandemie fünf Online-Veranstaltungen plus Workshops stattfinden, die jeweils auf großes Interesse stießen. Darüber hinaus wurden Policy Paper verfasst. 2021 ist diese Arbeit bereits fortgesetzt worden.
Queer Asylum and the EU Return System: Challenges and Risks
Protection Standard Criteria for LGBTQI+ Asylum Claimants for Readmission to “Safe” EU Third Countries under Dublin III (CEAS)
Queer Asylum and the EU Return System: Challenges and Risks - Panel Discussion - Heinrich-Böll-Stiftung
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Queer Asylum and the EU Return System: Challenges and Risks - Roundtable - Heinrich-Böll-Stiftung
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Jenseits von Geschlechterbinaritäten: Anwendungsbereich und Reichweite der Istanbul-Konvention - Queer European Asylum
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Relevanz der Istanbul-Konvention im Asylverfahren für lesbisch-queere Geflüchtete - Queer European Asylum
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Highlights of the Conference
COVID-19 and Queer Asylum - Highlights of the Conference 29.04.2020 - Queer European Asylum
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I Am Who I Say I Am – Welcome to Germany - University of Sussex
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