Voll Okay

Ein feministisches Bildungsprojekt zu Sexualität auf Instagram

Sexualbildung abseits von Heteronorm, Zweigeschlechtlichkeit und Tabus

Für Jugendliche und junge Erwachsene ergeben sich vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Omnipräsenz von Sexualität und parallel zu den persönlichen pubertären Entwicklungen viele Fragen und Unsicherheiten rund um das Thema Sexualität. Um Fragen überhaupt formulieren zu können, braucht es zunächst Informationen. Bestehende Sexualbildung ist weit davon entfernt gleichberechtigt zu sein. Erlebnisse, Themen und Praktiken rund um Sexualität werden sowohl unter Jugendlichen als auch im Erwachsenenalter tabuisiert, zum Teil widersprüchlich verhandelt und sind oft mit Scham behaftet. Die geschlechtliche Binarität aus Mann/männlich und Frau/weiblich wird als Standard und Selbstverständlichkeit gesehen. Heteronormative und patriarchale Vorstellungen von Geschlecht und Sexualität werden damit (re-)produziert. Wer sich außerhalb dieser Normen bewegt wird häufig ausgeschlossen, abgewertet oder unsichtbar gemacht.

Unsere Antwort darauf ist »Voll Okay«, eine feministische Sexualbildungsintitiative auf Instagram. Hier können junge Menschen zwischen 16 und 30 illustrierte Geschichten über Sex, Liebe und den eigenen Körper lesen oder eigene Geschichten anonym teilen. So werden Tabus überwunden und was eben noch peinlich oder komisch war, steht nun selbstverständlich neben anderen Geschichten. Fernab der gängigen schulischen und alltagsweltlichen Sexualbildung werden hier junge Menschen als Expert_innen ihrer eigenen Erfahrungs- und Lebenswelt ernst genommen und es entsteht ein Raum des gegenseitigen Empowerments.

Geschichten können hier anonym eingereicht werden

Muschi-Grippe

Als ich vor ein paar Jahren in die Pubertät gekommen bin, hat sich meine Muschi verändert. Ich kann die Veränderung nicht gut beschreiben, auf jeden Fall dachte ich, ich wäre krank oder so. Ich bin zu meiner Schwester und meiner Mutter gegangen und habe ihnen meine Muschi gezeigt und beide haben gelacht und mir gesagt, ich bin nicht krank.

Genauso war es als sich einige Zeit davor meine rechte Brust angefangen hat zu entwickeln. Es fühlte sich an, als wäre irgendetwas in meine Brust reingekommen. Ich war bei meiner Freundin, und wir haben beide meine Brust gedrückt, um zu gucken, WAS das ist in meiner Brust. Und natürlich dachte ich wieder es wäre eine Krankheit! Aber kurze Zeit danach hatten wir Sexualkunde in der Schule und haben die Schritte der Pubertät gelernt. Danach wusste ich immer, warum sich etwas an meinem Körper verändert.

— Mia, 14, weiblich

Der Fisch

Ich bin auf einer Geburtstagsfeier und wir spielen eine Art Tabu. Ein Typ aus meiner Gruppe erklärt das oberste Wort anhand von Assoziationen. Los geht’s. „Tuch“ – ratlose Gesichter, keine Ideen. „Weiß“ – weiterhinratlose Gesichter. Ein zaghaftes „Handtuch?“, „Bademantel?“, „Sauna?“. Alles falsch. Nächster Tipp: „Fisch“. Ich hab nach wie vor keine Ahnung, was es sein könnte. Aber ein anderer Typ aus meiner Gruppe hat es sofort verstanden. „Binden!“, ruft er triumphierend. Richtig, ganz toll erraten, alle freuen sich, dass wir mit nur so wenigen Worten die Lösung gefunden haben. Tolle Assoziationsreihe, so kreativ. Dass ein sexistisches Stereotyp, welches Vulven mit Fischgeruch gleichsetzt, dabei eine große Rolle gespielt hat, scheint ansonsten niemanden zu stören. Ich habe danach nicht mehr mitgespielt.

Jahre später liege ich mit meinem Partner im Bett. Wir fangen an uns zu küssen, zu streicheln und die Klamotten auszuziehen. Vielleicht werden wir Oralsex haben. Und ich fühle mich unwohl. Nicht, weil ich keinen Oralsex mag, sondern weil ich daran denken muss, dass meine letzte Dusche über 24 Stunden her ist. Vielleicht riecht es ja da unten nach Fisch und vielleicht ist das eklig. Letztendlich habe ich unterbrochen und gesagt, dass ich noch schnell duschen möchte. Meinem Partner erschien das unnötig, ist doch egal, wie lange die letzte Dusche her ist. Ich hatte das Gefühl, mich vor ihm rechtfertigen zu müssen für diese Duscherei, die eigentlich für ihn wäre, aber an der er gar kein Interesse hat. So absurd. Und so tief sitzt diese sexistische Kackscheiße.

— V., sie, cis, pansexuell

In die Enge geraten

Als ich in die Pubertät kam, hab ich bemerkt, dass ich meine Vorhaut nicht über den Penis ziehen kann. Mir war das sehr peinlich. Mit meinen Eltern wollte ich nicht darüber sprechen und einen Bruder, den ich fragen konnte, habe ich nicht. In der Umkleide im Sport hab ich immer gewartet, bis alle Jungs draußen waren, um mich umzuziehen. Auf jeden Fall wusste ich, dass irgendwas an mir nicht normal ist und ich wollte nicht, dass die anderen das herausfinden. Also masturbieren ging immer irgendwie, aber als ich mit 17 meinen ersten Freund hatte und mit dem Sex haben wollte, ging es nicht, weil es mir wehtat, wenn er an mir herumspielte.

Mir war das super peinlich und eigentlich wollte ich direkt Schluss machen. Mein Freund war aber sehr lieb und hat mich danach darauf angesprochen und gemeint, dass sein Bruder auch eine Vorhautverengung hatte und das er deshalb operiert werden musste. Ich hab dann zwar fast zwei Jahre gebraucht, aber dann bin ich zum Arzt. Meine Operation ist nun ein halbes Jahr her und der Sex ist nun auch viel toller. Mit meinen damaligen Freund bin ich auch noch zusammen.

— Michi, 19, bi