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Gewalt gegen Frauen zerstört die Gegenwart und die Zukunft

Mu Sochua, Mitglied des Parlaments in Kambodscha
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Mu Sochua, Mitglied des Parlaments in Kambodscha

Seit mehr als 25 Jahren hat sich Mu Sochua unermüdlich für Frauenthemen in Kambodscha eingesetzt. Sie hat gegen Menschenhandel, Kindesmissbrauch, häusliche Gewalt, Ausbeutung von Arbeitern, Korruption und Unterdrückung durch die Regierung gekämpft. In ihre Zeit als Ministerin für Frauen- und Veteranenangelegenheiten fiel der erste Gesetzesentwurf zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt. Für ihre Leistungen und ihren Einsatz für gewaltlose Konfliktlösungen wurde sie unter 1000 Frauen für den Friedensnobelpreis nominiert. Heute gilt Mu Sochua als die prominenteste Frau der kambodschanischen Opposition. Im Interview spricht sie über den langen Weg, der kambodschanischen Frauen in ihrem Kampf für Geschlechtergerechtigkeit und politische Mitwirkung.

Was bedeutet der  Internationaler Frauentag für die Kambodschaner und insbesondere für die Frauen?

Der Internationale Frauentag ist ein Tag für die Frauen der Welt und wir kambodschanischen Frauen sind Teil dieser Welt. Damit auch Teil jedes Gewinns oder Verlustes, jedes Übergriffs oder jeder Vergewaltigung, die den Frauen in der Welt wiederfährt. Kambodschanische Frauen sind Teil dieses gesamten Scenarios. Daher wollen wir als kambodschanische Frauen und als Frauen dieser Welt den 100sten Jahrestag begehen.

Was bedeutet der Internationale Frauentag für Sie?

Ich wurde gewählt von den Menschen, die für mich gestimmt haben. Mehr als 52% davon sind Frauen, ich bin verantwortlich und zuständig für Frauen im Allgemeinen. An diesem Frauentag setze ich mich hin und denke an die Zeit vor 100 Jahren. Damals waren Frauen mit Mangel an Bildung, harter Arbeit und Übergriffen konfrontiert, sie erfuhren aber auch Glück und Freude innerhalb der Familie. Heute, hundert Jahre später, nach langem Kampf, kommt es mir vor, als hätte sich die Situation in Kambodscha kaum verändert. Vielleicht hat sie sich auf einigen Gebieten gebessert, aber die auf Geschlecht basierende Gewalt ist nach wie vor Realität für kambodschanische Frauen. Deswegen stehe ich an diesem Tag ganz klar bei den kambodschanischen Frauen, um „Nein“ zur Gewalt gegen Frauen zu sagen.

Was sind die Herausforderungen für Women’s Voices, Women’s Choices? Was sind Ihrer Meinung nach die Lösungen?

Die Stimmen der Frauen sind unerlässlich für Demokratie, unerlässlich für die Sicherung der Ressourcen der Gemeinschaft - den Wald, das Land. Die Stimmen der Frauen sind grundlegend für Frauenkonzepte für die Entwicklung des Landes. Frauen Entscheidungen sind Entscheidungen, welche auf dem Leben von Frauen basieren. Zum Beispiel die Freiheit ohne Angst zu leben oder die Freiheit ohne Gewalt zu leben. Es gibt Entscheidungen, die Frauen für sich selbst treffen müssen, die Gesellschaft kann sie nicht für sie treffen.

Was bedeutet soziale Gerechtigkeit für Sie?

Soziale Gerechtigkeit bedeutet, dass ihre Tochter zur Schule gehen kann, ebenso wie meine Tochter. Soziale Gerechtigkeit bedeutet, dass auch die Armen von den Vorzügen der Bildung, Gesundheitsversorgung, Beschäftigung und des Landbesitzes profitieren. Soziale Gerechtigkeit bedeutet die Würde als echtes menschliches Wesen leben zu können.
Würde bedeutet, dass innerhalb der Gesellschaft, in seiner Gemeinschaft mit Stolz gehen, wirken, leben und arbeiten kann, ohne Angst fühlen zu müssen, ohne diskriminiert zu werden.

Als Ministerin für Frauenangelegenheiten haben Sie Kampagnen gegen Vergewaltigung in der Ehe und häusliche Gewalt geführt. Sie haben am Gesetzesentwurf für Kambodschas Gesetz gegen häusliche Gewalt mitgewirkt. Warum war das von besonderer Wichtigkeit für Sie?

Jede Verletzung der Menschenrechte bedeutet, dass das Opfer das Recht Mensch zu sein verliert. Daher bedeutet Gewalt gegen Frauen den Wert der Frau völlig zu ignorieren. Frauen sind die wichtigste Humanressource Kambodschas. Gewalt gegen Frauen ist besonders schwerwiegend, weil sie die Gegenwart und die Zukunft zerstört. Mein Gesetzesentwurf sucht Gerechtigkeit in allen Aspekten. Deswegen ist es grundlegend für die Befreiung und Würde der Frauen.

Hat das Gesetz Veränderungen bewirkt?      

Die Menschen sind sich des Gesetzes bewusst. Aber kambodschanische Frauen hinken den Männern noch in vielen Bereichen hinterher. Trotz großer Veränderungen ist die kambodschanische Gesellschaft noch nicht offen genug dafür, dass Frauen gleichberechtigt mit Männern leben können. Zu wenig wird dafür getan Null-Toleranz gegenüber der Gewalt gegen Frauen auszudrücken. Denn Vergewaltigungsopfer und Opfer von auf Geschlecht basierender Gewalt werden nach wie vor von der Gesellschaft ausgegrenzt. Ein Problem bei der Implementierung des Gesetzes ist die Praxis der Entschädigung (Der Straftäter zahlt Geld an das Opfer und seine Familie anstelle eines Gerichtsverfahrens). Und weil das Justizwesen korrupt ist akzeptieren die Polizei, die Richter und die Staatsanwälte die Entschädigungszahlungen als Lösungsweg. Armut ist immer noch ein großes Problem. Oft werden Frauen unter Druck gesetzt keine Klage zu erheben, weil der Straftäter falls er ins Gefängnis muss nicht länger in der Lage ist seine Familie zu versorgen.     

Als Sie Ministerin für Frauenangelegenheiten waren, haben Sie den Zugang zu Regierungsposten für tausende Frauen ermöglicht. Hat dies die Frauenthemen in unserer von Männern dominierten Gesellschaft nach vorne gebracht?

Frauen in Kambodscha verlieren heute ihre Angst, da sie einen besseren Zugang zu Informationen, besseren Zugang zu Bildung haben. Frauen sind sich heute des Wortes „gender“ bewusst und sogar Männer treten der Frauenbewegung bei. Wir sprechen offen über Fortpflanzungsgesundheit und  die Auswirkungen von Gewalt gegen Frauen. Kambodscha hat eine sehr hohe Erfolgsquote bei der Bekämpfung von HIV und AIDS. Wir haben viel erreicht. Im Parlament haben wir einen Frauenanteil von fast 25 Prozent. Wir haben berufene oder gewählte Frauen in den Lokalregierungen von jeder Provinz. Jedoch haben diese Zahlen keine Bedeutung bis die Frauen in diesen Positionen ihre Stimme im Interesse der Frauen erheben, zum Wohl der ganzen Gemeinschaft. Wenn wir stumm bleiben und unsere Macht nicht nutzen um Frauenthemen, Menschenrechte, Ungerechtigkeit, und Korruption anzugehen, dienen wir den Frauen nicht verantwortungsvoll.


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