Das neue Gleichstellungsgesetz für den Bund, das zugleich mit der Frauenquote für die Wirtschaft verabschiedet wird, bringt die auf die Palme, denen es doch eigentlich nützen soll: Die Gleichstellungsbeauftragten.
Das neue Gleichstellungsgesetz für den Bund, das zugleich mit der Frauenquote für die Wirtschaft verabschiedet wird, bringt die auf die Palme, denen es doch eigentlich nützen soll: Die Gleichstellungsbeauftragten. Wütend protestieren sie insbesondere gegen eine Neuerung, die dem Frauenministerium eigentlich besonders modern erscheint: In Zukunft soll bei Bewerbungen und Beförderungen das jeweilige unterrepräsentierte Geschlecht gefördert werden. Zu wenig Männer in Kitas? Also werden Männer gefördert. Zu wenig Frauen in Chefsesseln? Dann werden Frauen gefördert.
Klingt doch super. Gender Mainstreaming, wie man es sich vorstellt. Beide Geschlechter werden angesprochen, Rollenbilder flexibilisiert, Männer in neuen Rollen unterstützt. Die Gleichstellungsbeauftragten heißen schließlich auch nicht mehr Frauenbeauftragte. Und die Kampagnen für "Mehr Männer in Kitas" und wie sie alle heißen, bekämen eine gesetzliche Grundlage.
Also sind die Gleichstellungsbeauftragten mit ihrer Panik vor der Männerförderung einfach altmodisch? Nein. Das Problem ist eher eine Theorie-Praxis-Lücke. In der Theorie klingt es super, beide Geschlechter von ihren Rollenkorsetten zu befreien. In der Praxis sitzen da unterausgestattete Gleichstellungsbeauftragte, die um ihren gesetzlich zugesicherten Einfluss jedes Mal wieder kämpfen müssen. So hatte Ex-Frauenministerin Kristina Schröder hohe Posten in ihrem Ministerium einfach ohne Einbeziehung der dortigen Gleichstellungsbeauftragten vorgenommen. Die musste ihr Recht erst mühsam - und natürlich Jahre nachdem Fakten geschaffen waren - einklagen.
De facto fördert unser patriarchal geprägtes System schlicht Männer - wo auch immer. Gerade im Niedriglohnbereich kennen die Beauftragten den sogenannte "Fahrstuhleffekt", die Tatsache, dass Männer dort regelmäßig bevorzugt werden, so dass sie bald nicht mehr im Niedriglohnbereich arbeiten. Männern wird, durch viele Studien bewiesen, viel mehr zugetraut als Frauen - auch wenn das von ihrer Leistung gar nicht gedeckt ist. Die Gleichstellungsbeauftragten kämpfen mühselig dagegen an.
Künftig wird in der Praxis ihre Arbeitsfeld schlicht verdoppelt. Nicht nur Frauen für höhere Posten sollen sie nun finden und fördern - auch Männer, die ins Sekretariat oder in die Kita gehen, sollen von ihnen gesucht und betreut werden. Und da im unteren Bereich viel mehr Stellen zu besetzen sind als im oberen, kann man sich den Arbeitsalltag der Gleichstellungsbeauftragten in Zukunft ganz gut vorstellen: Sie wird zur Männersucherin - und für den Kampf um die guten Frauenjobs ist sie weitgehend neutralisiert, weil man sie nun mit Männerarbeit zuschütten kann. Das Ministerium entmachtet damit die Gleichstellungsbeauftragte - und das Patriarchat kann sich gratulieren.
Frauenministerin Manuela Schwesig nimmt das einfach in Kauf. Das ist schade. Konsequenter wäre es, der weiblichen Gleichstellungsbeauftragten einen männlichen zur Seite zu stellen. Mit einem klar definierten Auftrag: Er dürfte, ebenso wie die Gleichstellungsbeauftragte, nur tätig werden, wenn Männer in dem fraglichen Job unterrepräsentiert wären - und nicht etwa der Anwalt beleidigter Männer werden, die sich durch aufsteigende Frauen um ihre Karrierechancen gebracht sehen. Wenn man die Männer schon in den Blick nehmen will - dann aber richtig!