Die Gender Studies beschäftigen sich mit (historischen) Fragen und mit Menschen, die oft vergessen oder ausgelassen wurden, und tragen auf diese Weise gerade zu mehr Objektivität bei.
Richtig ist: Die Frauen- und Geschlechterforschung sowie die Gender Studies arbeiten mit wissenschaftlichen Methoden und Theorien. Diese Forschungsrichtungen sind entstanden, weil die vorherrschende Wissenschaft oft nur die Geschichte und das Leben von Männern untersucht, also nicht objektiv forscht, sondern einseitig. Die Gender Studies beschäftigen sich mit (historischen) Fragen und mit Menschen, die oft vergessen oder ausgelassen wurden, und tragen auf diese Weise gerade zu mehr Objektivität bei.
Hintergrund: Der Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit und der Ideologie ist extrem pauschal und unterschlägt, dass die Gender Studies in verschiedenen Fächern angesiedelt sind und entsprechend in ihren Fragestellungen, Methoden und theoretischen Zugängen stark variieren. Weiter richten sich die Angriffe gegen ein kritisches Verständnis von Wissenschaft. Das heißt gegen Forschung, die sich u.a. mit Perspektiven oder Lebensweisen befasst, die von der Gesellschaft sowie von der Wissenschaft selbst vernachlässigt oder ausgeschlossen werden. Oft wird behauptet, die Gender Studies würden biologische Faktoren ausblenden und seien deshalb nicht objektiv. Wissenschaft ist gemäß solchen Anti-Gender-Positionen nur dann zulässig, wenn sie naturwissenschaftlich argumentiert und scheinbar unverrückbare Wahrheiten über „den Menschen“ verkündet. Machtstrukturen, Gewalt, soziale Bedingungen, Erziehung usw. spielen aus dieser Sicht keine Rolle.
Anti-Gender-Akteur*innen haben eine Vorstellung von Objektivität, gemäß der die Welt von der Wissenschaft einfach vorgefunden und nur richtig beschrieben werden muss. Dabei wird auch auf „Alltagserfahrung“ oder den „gesunden Menschenverstand“ gepocht: „Ich sehe doch, dass Mädchen Puppen mögen, also ist es logisch, dass sie später die Familienarbeit übernehmen.“ Erwartet wird letztlich, dass Wissenschaft Alltagserfahrungen bestätigt. Weder Alltagserfahrung noch wissenschaftliche Erkenntnisse sind jedoch neutrale Kategorien, sondern stark von vorherrschenden Überzeugungen und gesellschaftlichen Umständen beeinflusst.
Im Kern wollen Anti-Gender-Akteur*innen definieren, was richtiges und was falsches, was wichtiges oder unwichtiges Wissen ist. Ihre Vorstellungen richten sich dabei nicht nur gegen die Gender Studies, sondern überhaupt gegen kritische Geistes- und Sozialwissenschaften und mithin gegen die Freiheit der Forschung.