Abschlussstatement zur Überprüfung der Umsetzung der Aktionsplattform von Peking durch die 54. UN-Frauenrechtskommission
New York, 4. März 2010
Das Abschlussstatement in Englisch:
Die Vierte UN-Weltfrauenkonferenz verabschiedete mit der Aktionsplattform von Peking (BPfA - Beijing Declaration and Platform for Action) ein umfassendes Paradigma der Frauenrechte, das die Veränderung von Machtverhältnissen vorsah. Dies beinhaltete eine globale Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Entwicklung und Frieden. 15 Jahre später scheint es, als ob die BPfA von den Regierungen als technisches Instrument angesehen wird und ihr Inhalt entpolitisiert und geschwächt wurde. Die zentrale Umsetzungsstrategie des Gender Mainstreaming hat ihre kritische Perspektive und das Ziel der Umgestaltung von Machtverhältnissen und Ungleichheiten verloren.
Frauenorganisationen sind die treibende Kraft hinter dem Peking-Prozess gewesen. Wir stellen fest, dass der Generalsekretär zum wiederholten Mal die Wichtigkeit der Zivilgesellschaft für die Arbeit der Vereinten Nationen betont hat, insbesondere in Bezug auf die Durchsetzung von Frauenrechten. Als Vertreter_innen solcher Organisationen sind wir zutiefst besorgt, dass die Einflussbereiche für Entscheidungen von Frauenorganisationen im Rahmen der Überprüfung der Aktionsplattform von Peking stark reduziert wurden.
Das zeigt sich hier durch:
- Die Deklaration anlässlich des 15. Jahrestages der Vierten Weltfrauenkonferenz wurde vorzeitig verabschiedet und ohne Rücksprache mit der Zivilgesellschaft angenommen.
- Fehlende Informationen über Möglichkeiten für die Zivilgesellschaft, um die Durchführung und die Ergebnisse der Treffen der UN-Frauenrechtskommission und der Deklaration zu beeinflussen.
- Mangelhafte logistische Versorgung und Hilfen haben Frauen an einer effektiven Teilnahme gehindert.
Die Anwesenheit einer überaus großen Zahl von Frauen wurde instrumentalisiert um eine inhaltslose Deklaration zu legitimieren. Dies ist ein weiteres Beispiel für die Reduzierung von Raum für die kritische Auseinandersetzung zwischen Regierungen und Zivilgesellschaft.
Die 54. Sitzung der UN-Frauenrechtskommission war als Gelegenheit gedacht, um den Fortschritt der Umsetzung der Aktionsplattform von Peking zu überprüfen und sie weiter voranzubringen. Indem es gescheitert ist, dass die erneuerten und konkreten Maßnahmen und Ressourcen zur Umsetzung der BPfA eindringlich bekräftigt und festgelegt wurden, verkörpert die Deklaration jedoch einen Schritt rückwärts.
Die Deklaration überschätzt anscheinend den bisherigen Fortschritt und ignoriert die langsame und unvollständige Art der Umsetzung. Sie unterschätzt das Ausmaß und die Vielzahl von Herausforderungen, die für Frauen in ihren multiplen Identitäten – einschließlich des Fortbestehens jeglicher Formen von Gewalt gegen Frauen – weiterhin bestehen. Sie versäumt es, Veränderungen im globalen und lokalen Kontext zu berücksichtigen. Der gegenwärtige Kontext von vielfältigen Krisen, wie z. B. die Hunger-, Energie-, Klima-, Pflege-, Wirtschafts- und Finanzkrise, neue Formen von Unsicherheit, neue Hilfsmethoden, die Internationalisierung von Konflikten, die Aufrechterhaltung der Feminisierung von Armut und der anhaltende Kampf um Gesundheitsfragen von Frauen, einschließlich der sexuellen und reproduktiven Medizin und Rechte sowie HIV/Aids, haben Probleme hervorgerufen, die es vor 15 Jahren noch nicht gab.
Aus diesem Grund appellieren wir an den Generalsekretär, den Vorsitzenden der UN-Frauenrechtskommission und an die Mitgliedsstaaten, alle Gelegenheiten zu ergreifen, die mit den bevorstehenden weltweiten Verhandlungen in Bezug auf das Sonderspitzentreffen des Economic and Social Council (ECOSOC) mit den Bretton Woods Institutionen, der Welthandelsorganisation und der Welthandels- und Entwicklungskonferenz und hinsichtlich des Gipfeltreffens zu den Millennium-Entwicklungszielen 2010 verbunden sind, um den transformativen Charakter der BPfA wiederherzustellen.
Dies kann erreicht werden durch:
- Die nochmalige Bestätigung der BPfA als umfassendes, kritisches Menschenrechtskonzept, deren komplette Umsetzung zwingend notwendig und eine wesentliche Voraussetzung für die Umsetzung der Millennium-Entwicklungsziele ist.
- Die Gewährleistung, dass die Teilnahme von Zivilgesellschaft, einschließlich Frauenorganisationen, Gewicht hat, und dass junge Frauen dazu befähigt werden zukünftig Führungsrollen in diesen Prozessen zu übernehmen.
- Die Verpflichtung zu einem Verantwortlichkeitskonzept für die BPfA mit konkreten und messbaren Vorgaben und Zeitplänen.
- Die Gewährleistung angemessener Finanzierung von Gleichstellungsrichtlinien, -programmen und institutionellen Mechanismen und von Frauenrechtsorganisationen durch die Umsetzung u. a. der Doha-Deklaration zur Entwicklungsfinanzierung 2008, welche starke und konkrete Verpflichtungen zur Gleichstellung und Stärkung von Frauen beinhaltet.
- Die Sicherung der Politikräume von Ländern, so dass sie Spielraum haben um ihre eigenen Entwicklungswege in Übereinstimmung mit universellen Frauenrechten und globalen Verpflichtungen zu definieren.
- Die Schaffung einer starken, ausreichend finanzierten UN-Frauenrechts- und Gleichstellungseinheit mit starken operativen Fähigkeiten und der Möglichkeit, die Vereinten Nationen zur Verantwortung zu ziehen, sowie mit starken Mechanismen zur Beteiligung der Zivilgesellschaft, wie es von der Kampagne GEAR (Gender Entity Architecture Reform) formuliert und unterstützt wird.
Unterschriften: (Bitte bis Dienstag, den 9. März 2010, eintragen)
Schreiben Sie an:
15beijing2010@gmail.com WIDE Network, European Women’s Caucus at CSW 54, AWID, International Women’s Health Coalition, Campana “Muevete por la Igualdad”, Coordinadora ONGD-Spain, Banulacht- Ireland, One World Action- UK, Kulu- Denmark, Wo=Men- Netherlands, Feminist Task Force of the Global Call for Action Against Poverty, ENLACE, IFOR Women Peacemakers Program, DAWN, Women’s Working Group on Financing for Development, Siglo XXIII/SERR
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