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Mehr Emma wagen!

Feministischer Zwischenruf

Heide Oestreich hat sich die Netzaktivitäten der Emma genauer angeschaut: und freut sich über streibare Feminismen und streitende Feminist*innen.

Feminismen sind vielfältig und streitbar. Heide Oestreich freut sich auf die Auseinandersetzungen
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Feminismen sind vielfältig und streitbar. Heide Oestreich freut sich auf die Auseinandersetzungen

„Emma ist für mich der Lichtstreif am Horizont meines feministischen Lebens“, sagt Selbstverteidigungstrainerin Barbara. „Emma ist für mich die einzig sinnvolle Frauenzeitschrift“, sagt Psychologin Michaela. So sollte es weiter gehen, die Emma hat eine Imagekampagne im Netz gestartet, auf Twitter sollten die Leser*innen ihre Freude an der feministischen Zeitschrift kund tun.

Allein, die Feministinnen, die sich da im Netz so tummeln, sind der Emma nicht so wohlgesonnen: „Emma ist für mich restriktiv, bevormundend und rückschrittlich“, bekundet Madame Coquelicot, und Juliane Leopold postet: „Emma ist für mich, wenn Redakteurinnen glauben, es sei feministisch, Frauen vorzuschreiben, wie sie sich zu bewegen u. was sie zu tragen haben“, „Emma ist für mich und meine feministische Entwicklung noch nie relevant gewesen“, erklärt „Aufschrei“-Initiatorin Anne Wizorek.

 

#EMMAistfürmich pic.twitter.com/xHeYJAGzEC

— Na Klar (@MmeCoquelicot) 4. November 2014

 

#EMMAistfuermich wenn Redakteurinnen glauben, es sei feministisch, Frauen vorzuschreiben, wie sie sich zu bewegen u. was sie zu tragen haben

— Juliane Leopold (@julianeleopold) 4. November 2014

 

#EMMAistfürmich und meine feministische entwicklung noch nie relevant gewesen.

— anne wizorek (@marthadear) 4. November 2014

 

Emma ist beleidigt, spricht von „Internet-PolizistInnen, die Emma-LeserInnen einschüchtern wollen“ und bedankt sich grimmig für die „Bomben-Werbung“. Und Jan Fleischhauer, konservativer Spiegel-Kolumnist, meint, er müsse die „Jungfeministinnen“ belehren, dass sie sich an Schwarzers Hausdrauf-Feminismus ein Beispiel nehmen sollten, weil sie nämlich schrecklich kompliziert seien, und ihr Feminismus nie korrekt genug sein könne. Während Schwarzer einfach für die Frauen kämpfe, seien die Neufeministinnen erst zufrieden, wenn eine „Frau schwarzer Hautfarbe mit muslimischem Hintergrund, die seit ihrer Kindheit im Rollstuhl sitzt und sich nur über Gebärdensprache verständigen kann“, für sie spreche – aus lauter Angst, dass sie jemanden übergangen haben könnten bei der Menschheitsrettung.

Heide Oestreich ist Redakteurin der taz, die tageszeitung und betreut dort vor allem die Geschlechter- und Gesellschaftspolitik. 2004 erschien von ihr das Buch "Der Kopftuchstreit. Das Abendland und ein Quadratmeter Islam". 2009 wurde sie vom Journalistenverband Berlin Brandenburg für ihre langjährige Berichterstattung über unbewußte Geschlechterklischees mit dem Preis "Der lange Atem" ausgezeichnet.

Es steckt aber hinter den Verhöhnungen ein interessanter Konflikt. Denn viele Feministinnen, nicht nur die jüngeren übrigens, hegen seit langem einen gehörigen Argwohn gegenüber der vereinnahmenden Feminismusvariante der Alice Schwarzer. Frauen sind für Schwarzer dann emanzipiert, wenn sie kein Kopftuch tragen, Prostitution ablehnen und sich nicht extra sexy präsentieren. Das aber wird schon seit langem von Kopftuch-tragenden, sich prostituierenden, Sex-positiven und allen möglichen anderen Feministinnen in Frage gestellt und hat zu komplexen Theorieansätzen wie der Intersektionalität geführt. Eine Diskussion, die Emma nie so recht abgebildet hat.

Bis heute: Ganz auf alter Emma-Linie lehnte Emma-Redakteurin Chantal Louis den Auftritt der Sexbombe Beyoncé vor den großen Lettern des Wortes FEMINIST in der Emma ab – allerdings als Teil eines Pro&Contra mit Alexandra Eul, die Beyoncé ok fand. Die Emma probt also eine vorsichtige Öffnung. Das aber wurde nun nicht sofort honoriert: Die taz-Kolumnistin Margarete Stokowski erklärte, weiße Feministinnen hätten Women of Color nicht vorzuschreiben, wie sie sich kleiden oder bewegen sollten. Und das Wort „Schlampe“ gehe im Zeitalter des Slutwalk nun gar nicht. Ein klassisches Intersektionalitätsproblem: feministische Kritik beißt sich mit einem Rassismusverdacht.

Nun könnte man noch die dritte Komponente der Intersektionalität einbeziehen, den sozialen Status von Beyoncé als Superstar. Warum soll man eine solch dominante Figur nicht blöd finden dürfen?

Um all das muss gerungen werden. Und genau das tut die Emma in ihrem Pro&Contra. Mehr davon! Weiter so, Emma! Und Emma macht weiter: Stokowksi betreibe Philorassismus, kontert sie. Das sei, wenn ein schwarzer Mensch wegen seiner Hautfarbe milder behandelt werden soll als ein weißer. Letzteres würde ich eher Affirmative Action nennen, aber bitte, let's fight!

Es ist gut, dass der feministische Streit über diese Themen wieder in Gang kommt: Immer wenn der Feminismus stark war, hat er auch stark gestritten. Sich dabei gegenseitig Bevormundung vorzuwerfen, gehört natürlich dazu: Da sind Feministinnen, die seit Olims Zeiten gegen Bevormundung kämpfen, natürlich besonders sensibel. Wenn die Emma nun in ihrem 37. Lebensjahr anfängt, solche Konflikte auch abzubilden: Um so besser. Jetzt nur bitte nicht gleich wieder beleidigt sein!