Der Anne-Klein-Frauenpreis 2016 geht nach einstimmigem Beschluss der Jury an die Frauenrechtsaktivistin Gisela Burckhardt. Die Gründerin und Vorstandsvorsitzende von FEMNET e.V. setzt sich im Besonderen für die Rechte der Arbeiterinnen in der globalen Textilindustrie ein. Sie ist eine Brückenbauerin zwischen den Konsumentinnen und Konsumenten in Europa und den Herstellenden in Indien, Bangladesch und Kambodscha.
Konsequent kämpft Gisela Burckhardt darum, allen Frauen weltweit zu ihrem Recht auf faire und existenzsichernde Arbeit zu verhelfen. Unermüdlich entwickelt sie Ideen und lässt nicht locker. Sie hat die Konzerne und die politisch Verantwortlichen ebenso im Blick wie die Konsumentinnen und Konsumenten. Auf allen Ebenen macht sie bewusst, dass unsere schnelllebigen Shoppingtrends, all die billigen Blusen, Hosen und Shirts, die sich im Neonlicht der Geschäfte auf Tischen türmen, ihren Preis haben.
Denn hinter dem schönen Style verbirgt sich das hässliche Gewand der Ausbeutung: Für unsere Mode müssen Millionen Textilarbeiterinnen unter menschenunwürdigen Bedingungen schuften. Tausende haben ihr Leben dabei verloren –etwa bei dem Einsturz des Rana-Plaza Gebäudes in Bangladesch im April 2013 oder dem Brand der pakistanischen Fabrik Ali Enterprises vor drei Jahren.
Gut angezogen geht anders.
Hintergrund ihres Engagements heute liegt in ihren Erfahrungen aus der internationalen Entwicklungszusammenarbeit – Gisela Burckhardt hat viele Jahre für unterschiedliche Organisationen im Ausland gearbeitet. Als sie 2001 nach über zwei Jahren in Äthiopien nach Deutschland zurückkehrt, stand für sie fest: Sie muss ihr Engagement auf politische Mitwirkung und stetige Veränderung der Handelsbeziehungen ausrichten. Nur die Stärkung der sozialen und ökonomischen Stellung der Frauen befreit diese nachhaltig aus der Opferrolle – rund um den Globus. Konkret heißt das: Unterstützung der Gewerkschaften, Stärkung der Frauenbündnisse, Dialog mit Fabrikbesitzern. Das ist vor Ort schwierig, aber: „Man muss Widerstand aushalten können“, lautet ihr Credo.
Mit ihrem Verein FEMNET arbeitet Gisela Burckhardt vor Ort mit Gewerkschaften und Partnerorganisationen zusammen, die gerechte Löhne und bessere Arbeitsbedingungen für die Arbeiterinnen und ihre Familien fordern. Kinderbetreuung ist ebenfalls ein großes Thema. Sie verdient meist ihren Namen nicht: Der größte Ausgabeposten der „Betreuung“ liegt häufig in Beruhigungsmitteln für die Kinder. Über diesen zynischen und menschenverachtenden Umgang mit den Arbeiterinnen und ihren Kindern klären Gisela Burckhardt und ihre Mitstreiterinnen vor Ort auf und zeigen den Frauen Wege auf, wie sie zu ihrem Recht kommen - über Rechtsberatung oder durch Hilfe beim Gang zum Arbeitsgericht.
In Deutschland und Europa arbeitet sie mit Politikerinnen und Politikern an der notwendigen Kennzeichnung von Textilien, führt den Dialog mit Fabrikbesitzen und Modeketten, wendet sich an Multiplikatorinnen z.B. an den Hochschulen, um die Managerinnen und Designer von morgen zu einem Umdenken in der Branche zu bewegen.
So beschämend die Zustände in den Textilfabriken sind, so herausragend ist Gisela Burckhardts Engagement für die Veränderung der Verhältnisse.
Der Jury des Anne-Klein-Frauenpreises gehören an:
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Barbara Unmüßig, Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung, Juryvorsitzende
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Renate Künast, MdB, Bündnis90/Die Grünen
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Prof. Dr. Michaele Schreyer, Vize-Präsidentin des Netzwerks Europäische Bewegung Deutschland
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Jutta Wagner, Rechtsanwältin, ehemalige Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes
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Thomas Herrendorf, Inneneinrichter