Geschlechterpolitische Situation in MALTA
Rechtslage:
- Gleichstellungsrecht
- Nationale Kommission zur Förderung der Gleichstellung
- Gesetze zu Quoten v.a. im politischen und wirtschaftlichen Bereich
- Weitere Gesetze/rechtliche Regelungen
- Aktueller politischer Diskurs
Akteur_innen:
Wissenschaft:
Kurzbeschreibung und -bewertung
Malta ist der kleinste der EU Mitgliedsstaaten. Neben Litauen wird die Präsidentschaft des Landes von einer Frau geführt – Marie Lousie Coleiro. Die politische Partizipation von Frauen ist ziemlich gering, vor allem auf der nationalen Ebene, auch nachzulesen im aktuellen (2014) Papier des Office for Democratic Institutions and Human Rights.
Die Erwerbsarbeitsrate der Frauen in Malta ist die niedrigste in der ganzen EU, sie liegt bei 38 % (s. Bericht der European Women's Lobby (EWL): Women's Watch 2013-2013, S. 31, PDF zuletzt aufgerufen am 13.03.2015). Die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern sind allerdings auch die niedrigsten in Europa, sie betragen rund 6%.
Gender-Akteure sind vor allem Frauenorganisationen, Initiativen in den Parteien und Gewerkschaften. Es existiere zwei landesweite Dachorganisationen. Beim National Council of Women of Malta liegt der Augenmerk nicht nur bei den Frauenrechten, sondern auch –pflichten. Dies könnte auf die immer noch sehr traditionelle geschlechtsspezifische Rollen- und Arbeitsteilung in der Gesellschaft und den Familien hinweisen (die katholische Kirche hat einen großen Einfluss).
Seit April 2014 sind gleichgeschlechtliche Partnerschaften auch standesamtlich möglich, verbunden mit den gleichen Rechten und Pflichten, wie Frau-Mann-Ehen, inklusive dem Recht auf Adoption.
Wegen der geringen Partizipation von Frauen am Arbeitsmarkt gekennzeichnet - trotz gleicher Bildungsqualifikationen steigen Frauen meistens mit der Geburt des ersten Kindes aus dem Berufsleben aus - besteht angesichts der Lissabon-Ziele staatlicherseits seit Jahren Handlungsdruck, was auch den Fokus der staatlichen Gleichstellungspolitik auf die Themen Erwerbsbeteiligung von Frauen, Bildung/Schulen und Geschlechterrollen, Medien erklären kann.
Ähnlich wie in Zypern liegt ansonsten auch hier ein sehr starker Fokus auf den Themen Familie und Gewalt gegen Frauen/häusliche Gewalt.
Rechtslage
Gleichstellungsrecht
„Die wichtigsten Gesetze sind das Employment and Industrial Relations Act 2002 (Gesetz über Beschäftigung und Arbeitsbeziehungen, abgekürzt: EIRA) und das Equality for Men and Women Act 2003 (Gesetz zur Gleichstellung von Mann und Frau, abgekürzt: EMWA). In den Definitionen des EIRA (Art. 2) wurden unmittelbare bzw. mittelbare Diskriminierung nicht dem Wortlaut der Richtlinie entsprechend definiert, sondern es wurde von „diskriminierender Behandlung“ gesprochen. Später wurde sowohl unmittelbare als auch mittelbare Diskriminierung im Zuge des EMWA, des neueren Gesetzeswerkes, verboten, und obgleich keine Definition von mittelbarer Diskriminierung als solcher existierte, galt nach diesem Gesetz „jede Behandlung (…), die einen wesentlich höheren Anteil an Mitgliedern eines Geschlechts benachteiligt“ als Diskriminierung.“
- Quelle: Geschlechtergleichstellungsrecht in 30 europäischen Ländern Stand 2009, S. 110 (PDF, 244 Seiten, 3,15 MB)
Nationale Kommission zur Förderung der Gleichstellung - National Commission for the Promotion of Equality (NCPE)
Die Kommission ist eine autonom arbeitende Institution im Ministerium Sozialer Dialog, Verbraucherfragen und bürgerliche Freiheiten. Die zuständige Ministerin ist Dr. Helena Dalli. Grundlage der Kommission ist das maltesische Gleichstellungsgesetz: Chapter 456 of the Laws of Malta – Equality for Men and Women Act (englisch).
Die NCPE sichert Gleichstellung in Zusammenhang mit Geschlechter- und Familienaufgaben, sexueller Orientierung, Alter, Religion oder Glaubenszugehörigkeit, ethnischer Herkunft und Geschlechteridentität im Beruf, in der Bildung sowie in Banken und Finanzinstitutionen. Gemäß gesetzlicher Vorgaben hat die NCPE insbesondere folgende Aufgaben zu erfüllen:
- Alle Politiken, die direkt oder indirekt mit Fragen der Gleichstellung zu tun haben, zu identifizieren, zu etablieren und zu aktualisieren;
- Die Bedürfnisse von Personen zu identifizieren, die aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt werden; im Rahmen ihrer Fähigkeiten angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um diese Bedürfnisse so weit wie möglich zu befriedigen;
- die Umsetzung der nationalen Politiken hinsichtlich der Förderung von Gleichstellung zu überwachen;
- Verbindungen aufzubauen und die notwendige Koordination zwischen Regierungsstellen und anderen Behörden bei der Umsetzung von Maßnahmen, Dienstleistungen oder Initiativen, die immer wieder von der Regierung oder Kommission vorgeschlagen werden, sicherzustellen;
- direkten und permanenten Kontakt mit örtlichen und auswärtigen Organen und gegebenenfalls auch anderen Institutionen, die sich mit Fragen der Gleichstellung auseinandersetzen, aufrechtzuerhalten;
- die Beseitigung von Diskriminierung zwischen Männern und Frauen anzustreben;
- allgemeine Untersuchungen anzustellen, um herauszufinden, ob die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden;
- allgemeinen sowie spezifischen Beschwerden nachzugehen, um festzustellen, ob gegen die Vorschriften dieses Gesetzes in Bezug auf den Kläger verstoßen wurde und, falls angemessen, bei derartigen Beschwerden zu vermitteln;
- nachzufragen, zu beraten und Ermittlungen anzustellen in Bezug auf Angelegenheiten, die mit Gleichstellung zwischen Männern und Frauen zu tun haben, wie sie vom Minister angetragen werden;
- gegebenenfalls denjenigen Unterstützung zu leisten, die bei der Geltendmachung ihrer aus diesem Gesetz erwachsenen Rechte diskriminiert werden;
- die Funktionsfähigkeit dieses Gesetzes regelmäßig zu überprüfen und, falls nötig, zum Beispiel auf Ersuchen des Ministers, Vorschläge für eine Novellierung oder einen Ersatz zu unterbreiten;
- weitere Funktionen, die durch dieses oder ein anderes Gesetz übertragen werden, bzw. Funktionen, wie der Kommission vom Minister zugewiesen werden, auszuführen.
Außerdem kümmert sich die Kommission ebenso um die Chancengleichstellung in Bezug auf Rasse/ethnische Herkunft. Bei der Kommission können Ungleichbehandlungen direkt „angezeigt“ werden.
Zahlreiche Publikationen und Studien sind über die Homepage der Kommission abrufbar. So auch die Studie zu Häuslicher Gewalt aus der Genderperspektive oder das aktuelle Projekt „Gender-Balance in Entscheidungsprozessen"
- Quelle: https://socialdialogue.gov.mt/en/NCPE/Pages/NCPEHome.aspx (in englischer Sprache, zuletzt aufgerufen: 13.03.2015)
Contact:
Gattard House
National Road
Blata l-Bajda HMR 9010
Telefon: (+356) 2590 3850
Fax: (+356) 2590 3851
E-mail: equality@gov.mt
Gesetze zu Quoten v.a. im politischen und wirtschaftlichen Bereich
Im April 2010 kam die Frage auf, ob es sinnvoll ist, Quoten einzuführen, um Frauen zu mehr Sitzen im Parlament zu verhelfen. Die Ansichten dazu sind nach wie vor geteilt, auch unter den Parlamentarierinnen selbst. Die verbreitete Position, nach der Frauen keine Unterstützung durch positive Maßnahmen benötigen, verliert an Boden. Andererseits erklärte Premierminister Dr. Lawrence Gonzi, dass er positive Maßnahmen in diesem Bereich nicht für notwendig hält. Offensichtlich besteht also kein ausreichender politischer Wille, um in dieser Hinsicht in absehbarer Zukunft Veränderungen vorzunehmen. In der Zwischenzeit hat die Regierung für eine der drei Kandidaturen für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg (Europarat) eine Frau benannt. In den Jahren 2009 und 2010 wurde die Liste der Regierung zurückgewiesen, da unter den Vorgeschlagenen keine einzige Frau war.
- Quelle: Peter G. Xuereb, s. 109 ff. in Europäische Zeitschrift für Geschlechtergleichstellungsrecht 2010-1 (PDF, 169 Seiten, 875 KB)
Im momentan tätigen Parlament sind nur 9 der Parlamentarier Frauen (von insgesamt 70 Mitgliedern.)
Weitere Gesetze/rechtliche Regelungen
- Gesetz für Angestellte und Industriebeschäftigte
- Regelung zur Teilzeitbeschäftigung
- Regelung zum Mutterschutz
- Regelung für den Anspruch auf Elternzeit
- Regelung zur Rückkehr von Frauen in Beschäftigung
Aktuelle Diskurse lassen sich aus den Veranstaltungen seitens der NGOs und der staatlichen Akteure ablesen. Es geht vor allem um die Bekämpfung von häuslicher Gewalt und Menschenhandel und um die Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt. Die Aktivitäten der Frauenorganisationen sind dabei nicht laut, eine ausgesprochene frauenbewegte Szene ist nicht zu erkennen.
Akteur_innen
NGOs: Parteien, zivilgesellschaftliche Organisationen
Malta Confederation of Women’s Organisations (MCWO, englisch)
Die große Frauenorganisation in Malta mit aktuellen Artikeln und Interviews und zahlreichen Links.
National Council of Women of Malta (englisch)
Besteht seit 1964 und ist eine NGO, die individuelle und institutionelle Mitglieder hat. Sie handeln im Interesse der Verbesserung der Situation von Frauen und der gesellschaftlichen Verhältnisse.
Jedes Jahr verabschiedet der NCWM auf seiner Generalversammlung eine Reihe von Resolutionen, die auch die aktuellen Debatten zum Teil widerspiegelt.
The Foundation for Women Entrepreneurs (Stiftung für weibliche Unternehmerinnen, englisch)
Organisation, die Chancengleichheit, Bewusstseinsbildung, Ausbildung und Forschung fördert im Bereich der Unternehmerinnentätigkeit von Frauen und anderen Gender-Fragen in Malta, Europa und dem Mittelmeerraum.
Malta Association of Women in Business (englisch)
Sie sind der Vernetzung und Förderung von Frauen mit Unternehmen verpflichtet.
Gender Equality Committee at the UHM (Union Haddiema Maghqudin/Maltesische Gewerkschaft, englisch)
Der Ausschuss für Geschlechtergleichstellung wurde 1999 gegründet. Sie setzen sich für die Gleichbehandlung von Frauen am Arbeitsplatz und in der Gewerkschaft ein. Der Ausschuss ist Mitglied der Confederation of Malta Frauenorganisationen (MCWO), die wiederum an die Europäische Frauenlobby Group angegliedert ist. Der Ausschuss trifft sich regelmäßig und wird von Arbeiterinnen aus allen Beschäftigungsbereichen getragen.
Malta Gay Rights Movement (MGRM)
Die maltesische Bewegung für die Rechte von Homosexuellen, MGRM, wurde im Juni 2001 ins Leben gerufen. Sie wird von einem Freiwilligenausschuss geführt, der jedes Jahr auf einer satzungsgemäßen Jahresversammlung neu gewählt wird.
Das Leitbild (laut Jahresversammlungsbeschluss vom 22.2.2010) sagt:
Die MGRM strebt eine vollumfängliche Gleichstellung für LGBT Personen in der maltesischen Gesellschaft an; einer Gesellschaft, die es den Menschen ermöglicht, offen und ohne Angst vor Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung, Geschlechteridentität oder Ausdruck der Geschlechtlichkeit zu leben.
Die Organisation hat sich einen detaillierten Plan für die Legislaturperiode 2013 – 2018 zur Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendermenschen vorgenommen. Auch auf ihrer Homepage nachzulesen.
Die Zuständigkeit für Gleichstellungspolitik (www.equality.gov.mt, englisch) liegt beim Ministerium Sozialer Dialog, Verbraucherfragen und bürgerliche Freiheiten. Die Homepage (Nationale Kommission zur Förderung der Gleichstellung) liegt auf dem Server der Regierungshomepages. Unter dem Stichwort 'Gender Equality' findet man Gesetze und Zuständigkeiten.
Wissenschaft
An der Universität (University of Malta) gibt es seit 2013 einen Studiengang Gender Studies.
Die Errichtung der Abteilung für Geschlechterstudien wurde vom Rat im November 2013 gebilligt. Ihre Gründungsmitglieder sind Dr. Marceline Naudi (Leiterin), Dr. JosAnn Cutajar und Dr. Brenda Murphy.
Die Abteilung hat eine klar definierte theoretische Position – Feminismus, Männlichkeiten, Queer-Studien und Postkolonialismus – und das Thema Gender wird eben aus diesen Blickwinkeln betrachtet. Intersektionalität steht im Mittelpunkt ihrer Aktivitäten und zieht sich durch alle Ebenen: „Geschlecht, Rasse, Sprache, Religion, politische oder sonstige Überzeugung, nationale oder soziale Herkunft, Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, Vermögen, Geburt, sexuelle Orientierung, Geschlechteridentität, Alter, Gesundheitszustand, Behinderung, Familienstand, Migranten- oder Flüchtlingsstatus oder sonstiger Stand.“ (Europarat – Istanbul-Konvention)
Außerdem gibt es an der Universität ein Gender Issues Committee (englisch). Hier sind auch aktuelle Dissertationen mit Genderbezug verzeichnet.
Die Quellenlage ist nicht sehr ausführlich, viele Organisationen/Institutionen sind nicht im Netz vertreten. Von Vorteil ist, dass fast alle Informationen immer auch auf Englisch vorliegen; die Seiten der Nationalen Gleichstellungskommission sind recht ausführlich und bieten Material zum Download.
Frances Camilleri-Cassar, Gender Equality in Maltese Social Policy, 2011, Miller Distributor`s Ltd., ISBN: 99932-672-3-6
„Die aktuelle Situation der Geschlechtergleichstellung in Malta – Länderprofil 2012“, Europäische Kommission, Generaldirektorat Justiz, Unit D2 “Geschlechtergleichstellung”
Bestler, Anita 2004: Der prägende Einfluss des „Kodex von Ehre und Schande“: politische Partizipation von Frauen in Malta. In: Hoecker, Beate/ Fuchs, Gesine (Hg.): Handbuch Politische Partizipation von Frauen in Europa. Band II: Die Beitrittsstaaten. Wiesbaden: VS Verlag, S. 223-243
Mary Darmanin, Gender Equality In Malta: A Southern European Perspective, 2006 (PDF, 19 Seiten, 118 KB, englisch)
- Für den ersten Einstieg zu Malta kann auch Wikigender hilfreich sein: Gender Equality in Malta (englisch)
- Einen guten Überblick könnte auch die Arbeit von Sophie Lauwers geben: Lauwers, Sophie (2008): Context Study Malta, QUING Project, Vienna: Institute for Human Sciences (IWM), unter: www.quing.eu/files/results/cs_malta.pdf (69 Seiten, 479 KB, englisch)
- Geschlechtergleichstellung und Frauenrechte / empowerment in Malta auf der Seite der Europäischen Kommission: http://ec.europa.eu/europeaid/gender-equality-and-womens-rights-empowerment-maltaen (2013)
Ergebnisse einer Recherche von Tanja Berger und Pamela Dorsch 2011 im Auftrag des Gunda-Werner-Instituts der Heinrich-Böll-Stiftung. Zuletzt aktualisiert: Ende 2014/ Anfang 2015.
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