Eigenständige Existenzsicherung ist der etwas sperrige Begriff für eine politische Leitidee, die den Menschen ermöglichen soll, ihren Lebensweg finanziell unabhängig zu realisieren – sei es als Mutter, als berufstätige Frau, als Hausmann oder als Pflegender für Angehörige. Doch die Freiheit der Wahl ist in Deutschland keineswegs gegeben. Dies gilt für beide Geschlechter. Allerdings sind es in erster Linie die Frauen, die ihren Beruf aufgeben, um sich um Familie, Kinder und später vielleicht die hilfsbedürftigen Angehörigen zu kümmern. Spätestens, wenn die Ehe scheitert, merken sie, was es sie kostet, die Eigenständigkeit aufgegeben zu haben: In ihrem Beruf warten, wenn überhaupt, Jobs der zweiten oder dritten Liga, die Unterstützung, die das Gesetz nach der Ehe vorsieht, ist marginal, und die Rente wird zum Leben kaum reichen. Aber auch Männer, die sich mehr Zeit für ihre Kinder nehmen wollen, finden meist wenig ermutigende Rahmenbedingungen vor. Sie brauchen Unterstützung – von ihren Arbeitgebern, anderen Männern, aber auch von ihren Partnerinnen. Davon erzählt dieses Heft. Und es liefert Analysen, Denkanstöße und praktische Vorschläge, wie für das Ziel der eigenständigen Existenzsicherung politische und gesetzliche Weichen gestellt werden können.
Mit Beiträgen von Barbara Unmüßig & Susanne Diehr, Uta Meier-Gräwe, Heide Oestreich, Astrid Rothe-Beinlich, Götz Aly, Julia Friedrichs, Chris Köver, Ulrike Baureithel u.v.a.
Wie frei bin ich? Schwerpunkt: Lebensentwürfe in Bewegung
Berlin, Juni 2013
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Inhalt
- Wahlfreiheit – das große Versprechen — Editorial von Barbara Unmüßig
- Lebensentwürfe in Bewegung — Einleitung von Barbara Unmüßig und Susanne Diehr
Unter der Lupe – die geheimen Verführer
- Kröten zählen statt Prinzen küssen!? — Warum für Frauen ein nüchterner Blick auf die scheinbaren (finanziellen) Vorteile der Ehe sehr hilfreich ist. Von Uta Meier-Gräwe
- An später denken wir später — Die Folgen von Minijobs & Co im Überblick. Von Heide Oestreich
- Abgerechnet wird am Schluss — Was uns die Ungleichheit der Geschlechter kostet. Von Uta Meier-Gräwe
- Kein bisschen gerechter — Das Familiensplitting zementiert alte Rollenmuster und kostet obendrein auch richtig viel Geld. Von Astrid Rothe-Beinlich
- Rückführung ins Heim — Das Ehegattensplitting wurde unter den Nationalsozialisten im Jahr 1934 eingeführt – der Arbeitsmarkt sollte entlastet und der Gebäreifer gefördert werden. Von Götz Aly
Geschichten aus dem Alltag
- Der Abstieg der Karin Steinbrenner — Die Geschichte eines ganz alltäglichen Frauenlebens in einem reichen Land, das sich daran gewöhnt hat, dass Mutterwerden eines der großen Armutsrisiken ist. Eine Reportage von Julia Friedrichs
- Das ewig schlechte Gewissen — Warum erfolgreiche Frauen ihr Leben und ihre Macht nicht genießen können. Ein Essay von Ines Kappert
- Heiteres Beruferaten — Er kümmert sich um Kinder und Haushalt, und sie geht arbeiten. Er wäscht die Wäsche, sie geht auf Geschäftsreisen. Er kocht, sie macht sich abends ein Bier auf.
Die Geschichte einer ganz normalen Beziehung. Eine Glosse von Elisabeth Schmidt - Einmal Rolle vor und zurück — Jede fünfte Familie in Deutschland wird mittlerweile von einer Frau ernährt. Mit feministischen Idealen von Gleichberechtigung und Selbstbestimmung hat das allerdings wenig zu tun. Ein Porträt von Chris Köver
- « Wenn ich nur gut bin, wird alles gut » — Warum das ein großer Irrtum ist und welche Spielregeln Frauen kennen müssen, um wirklich zu gewinnen. Ein Interview von Claire Horst
- Vater sein dagegen sehr — Viele Männer wollen für ihre Kinder da sein. Aber sie brauchen Unterstützung – von den Führungskräften in den Unternehmen, von anderen Männern, aber auch von ihren Partnerinnen. EinPlädoyervonHansGeorgNelles
- Das bisschen Haushalt — Diese Arbeit übernehmen in Deutschland immer --häufiger Migrantinnen. Sie haben keinerlei Rechte, werden schlecht bezahlt, nicht selten misshandelt.
Eine Dokumentation von Juliane Karakayali
Politische Stellschrauben und — persönliche Visionen
- Wohin mit Vater und Mutter? — Wie die Pflege von Angehörigen zum Wohle aller in Zukunft gestaltet werden kann. Drei Autoren, drei Standpunkte: Hannelore Buls, Thomas Birk und Christa Wichterich
- Sicher auf hoher See — Die Bürgerversicherung würde ein Ende mit der Zweiklassenmedizin machen. Und wäre ein Fundament gegen die Altersarmut. Von Ulrike Baureithel
- Tempo runter — Familien brauchen mehr Zeit für faire Arbeitsteilung. Die Wertschätzung und Anerkennung unbezahlter Arbeit ist eine Voraussetzung dafür. Von Susann Worschech
- Weniger ist mehr — Warum bei einer 30-Stundenwoche alle nur profitieren können. Von Heinz-J. Bontrup
- Die Besten ihrer Art — Menschen übernehmen längst in allen möglichen Beziehungskonstellationen Verantwortung füreinander. Von Chris Köver
- So frei bin ich — Eine junge Frau geht ihren Weg. Von Martin Reichert
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