Critical Race Parenting

Kleine Hand auf grosser Hand

„Bevor ich Mutter wurde, hatte ich mir keine Gedanken darüber gemacht, wie genau ich mit meinen Kindern über Rassismus reden würde. Ich wusste einfach, dass ich es tun würde.“ Die Autorin und politische Aktivistin Sharon Dodua Otoo beschreibt in ihrem Text Liebe die komplexen Herausforderungen in Bezug auf die Erziehung und das Empowerment ihrer Söhne, mit denen sie sich als Schwarze Mutter konfrontiert sieht [*1], [1].  Liebe ist eine Reflexion darüber, wie Race und Rassismus [*2] in ihrer Schwarzen britischen Familie* in London verhandelt wurden, und darüber, was sie zusammen mit ihren Schwarzen Söhnen in Deutschland über Rassismus und ihr eigenes Muttersein lernt(e). Liebe erzählt von liebevoll gemeinten Bemühungen, Wünschen und auftauchenden Konflikten einer politisierten Mutter, die ihre Kinder im Umgang mit Rassismus stärken möchte. Gleichzeitig lässt der Text auch ihre Söhne zu Wort kommen, die ihr rückmelden, wie es für sie als Kinder war, Rassismus sehen und benennen zu können [1].

An die Erzählungen aus der Erfahrungswelt einer Schwarzen Mutter anschließend beleuchtet dieser Beitrag schlaglichtartig die Frage, wie aus der Perspektive rassismuskritischer Forschung und Community-Praxis in Deutschland über die Chancen und Grenzen der Verhandlung von Rassismus in Familien* [*3] nachgedacht werden kann. Dafür werden grundlegende Überlegungen zum Thema Empowerment als Widerstand mit den auto-theoretischen wissenschaftlichen Arbeiten von Schwarzen Feminist*innen und Feminist*innen of Color in den USA, die das Konzept Critical Race Parenting [2] geprägt haben, verbunden. Anhand dieses Konzeptes wird aufgezeigt, welche Lücken im Kontext feministischer, rassismus- und familientheoretischer Perspektiven auf Eltern*schaft in Forschung und Praxis im deutschsprachigen Raum wahrzunehmen sind.

Was ist Critical Race Parenting?

Cheryl E. Matias folgend verstehen wir Parenting (Eltern*schaft) [*4] nicht als ausschließlich biologisch-familiäre Angelegenheit, sondern sehen es aus einer queerfeministischen Schwarzen Perspektive heraus als (gesamt-)gesellschaftliche Aufgabe: „one need not be a biological, legal or foster parent to understand the dynamics between adult and child in the process of teaching and learning about race“ [2], [3].

Critical Race Parenting stellt ein theoretisches Konzept für die Beschreibung pädagogischer Prozesse dar, steht aber auch für eine Bildungs- bzw. Erziehungspraxis [2]. So sprechen wir mit Critical Race Parenting einerseits von der Forschung über Eltern*schaft und Rassismus. Andererseits meinen wir das praktische Handeln von Eltern* und anderen erwachsenen Bezugspersonen, die Kinder dabei unterstützen, mit Rassismus umzugehen. Die Critical Race Theory (CRT), auf der das Konzept Critical Race Parenting basiert, versteht Rassismus als ein intersektionales Macht- und Herrschaftsverhältnis, das unser Erleben, unser Handeln sowie gesellschaftliche Zugänge und Ausschlüsse permanent und unzerstörbar strukturiert [4]. Wir wissen, dass Race (zu Deutsch „Rasse“) eine soziale Konstruktion ist. Wie „Gender“ stellt auch Race ein machtvolles gesellschaftliches Ordnungsprinzip dar [5]. In Anlehnung an die Schwarze Rechtswissenschaftlerin Kimberlé W. Crenshaw betont Cengiz Barskanmaz diesbezüglich die Relevanz einer intersektionalen Perspektive:

„Für ein angemessenes Verständnis von Rasse […] [ist] Intersektionalität eine grundlegende Voraussetzung, denn Rasse existiert nicht ohne Intersektionalität und Intersektionalität nicht ohne Rasse. […] Ausgehend von der Diskriminierungserfahrung von Schwarzen Frauen kommt sie [Crenshaw] zu dem Ergebnis, dass Diskriminierung nicht eindimensional, sondern intersektional, also mehrschichtig, sich überschneidend gedacht werden muss. Eine Diskriminierung wegen der Rasse und/oder der ethnischen Herkunft ist oftmals mit den Kategorien Geschlecht, Religion, Klasse etc. verschränkt.“ [5]

Rassismus in einer intersektionalen Perspektivierung betrifft uns alle: Er konstituiert den Alltag und das Empfinden von Kindern und Erwachsenen [6]. Feministische Perspektiven auf Eltern*schaft, welche nicht intersektional sind, können selbst rassistische Ausschlüsse (re-)produzieren. In unserem Verständnis sollten intersektionale Perspektiven auf Eltern*schaft daher darauf abzielen, „Diskriminierung innerhalb von Diskriminierung [zu] bekämpfen, Ungleichheiten innerhalb von Ungleichheiten sichtbar [zu] machen, und Minderheiten innerhalb von Minderheiten [zu] empowern“ [7].

Empowerment steht in Bezug auf die Verhandlung von Rassismus für Selbstermächtigung oder Selbststärkung [8]. Empowerment-Ansätze sind Widerstandsformen und damit Gegenentwürfe zu der Unterwerfung unter rassifizierende Fremdzuschreibungen. Dabei ist wichtig festzuhalten, dass Strategien der Unterwerfung unter Race-Kategorien (zu diesen gehört auch die ethnische oder nationale Zugehörigkeit) auch als Überlebensstrategie bei Rassismuserfahrungen funktionieren können [9]. Ein Beispiel für eine solche Strategie sind Selbstethnisierungen [10]. Mit unserem Fokus auf Empowerment soll nicht impliziert werden, dass es im Umgang mit rassifizierender Zuschreibung einen allgemeingültigen, also einen für alle richtigen Weg gäbe. Wenn wir an Schutz als Ziel denken, können auch Anpassungsstrategien im Sinne einer Unterwerfung genau dies bedeuten. Wir führen diesen Gedanken mit Überlegungen zu Critical Race Parenting weiter aus.

Critical Race Parenting zielt auf das Lernen und Lehren über Race insbesondere auf wechselseitige Prozesse, „that debunk dominant messages about race“ [2]. Es geht dabei u.a. um den Umgang mit rassifizierenden Zuschreibungen, mit denen sich Kinder in der Schule, in der Kita, auf dem Spielplatz, in Kinderbüchern, bei den (Groß-)Eltern* alltäglich und permanent konfrontiert sehen [7], [11]. Die Frage „Mommy, is being Brown bad?“, die Cheryl E. Matias als Titel für ihren autoethnografischen Essay gewählt hat, verdeutlicht die Gewalt, die Kinder, die nicht einer weißen Norm entsprechen, erfahren [12].

„Some of the biggest challenges of parenting kids with an awareness of racism in its intersections with other oppressions are not always having clear examples how to do it, experiencing contradictions in our parenting and not always knowing if we are ‚getting it right‘. Parents of color and indigenous parents in the US have been sharing knowledge about how to protect our children from the cruelty of racism and colonialism, since white supremacy was introduced to this land.“ [13]

Dolores Delgado Bernal beschreibt in A Testimonio of Critical Race Feminista Parenting: Snapshots from my Childhood and my Parenting, dass Eltern* von Kindern of Color und indigene Eltern* in den USA – ähnlich wie Sharon Dodua Otoo – ihren Kindern (Erfahrungs )Wissen über Rassismus mitgeben wollen, jedoch nicht immer wissen, ob und inwiefern sie es ‚richtig machen‘ [13]. Sie schreibt ferner, dass es in den USA bereits seit den Anfängen des Kolonialismus einen Wissensaustausch zu „Racialized Parenting Knowledge“ zwischen Eltern* gibt und führt im o.g. Text verschiedene Beispiele dafür auf [13]. Wie ist das eigentlich in Deutschland? Was wissen wir über Critical Race Parenting – das Lernen und Austauschen über Race und den Umgang mit Rassismus(erfahrungen) in Familien* in Deutschland? Auf welche Forschung können wir uns stützen?

Critical Race Parenting in der Wissenschaft

Bei einer näheren Auswertung der Forschungsliteratur zu Familien* von Schwarzen Menschen und Menschen of Color, Migrant*innen, Geflüchteten, Juden-Jüdinnen, Romnja* und Sintezzi* und Muslim*innen fällt auf, dass ihre Perspektiven, wenn sie überhaupt vorkommen, nur als Rand- oder Sonderthemen auftauchen [14], [15]. Bis heute hat sich ein kulturalisierender, rassistischer ‚Migrationsfamilien‘-Diskurs in der Familien- und Migrationsforschung gehalten, der vor allem auf Defizitzuschreibungen und der Konstruktion von muslimischen und migrantischen Familien* als andere beruht und diese in einigen Fällen analog zum vorherrschenden Mediendiskurs dämonisiert [16]. Im Mainstream der deutschsprachigen Familienforschung sind rassismuskritische Perspektiven damit bislang eine Leerstelle.

Die rassismuskritische Forschung bietet hingegen durchaus theoretische und empirische Zugänge zum Umgang mit Rassismus [8], [17], [18]. Empowerment als Selbststärkung kann auch dadurch realisiert werden, Rassismus benennen und rassifizierende Zuschreibungen zurückweisen zu können. Eine Zurückweisung solcher Zuschreibungen kann nicht nur offen, sondern auch subversiv erfolgen. Unter subversive Praktiken fallen beispielsweise Transkodierungsstrategien (d.h. Strategien der „Neubesetzung“), das Spiel mit Stereotypen sowie das bewusste Ersetzen von negativen durch positive Bilder [9]. Gemeinsam ist diesen Strategien, dass sie sich der Logik der Zuschreibungskategorie (hier: Race) bedienen, um diese zu überschreiben bzw. zu entleeren [19]. Familie* als Ressource im Umgang mit Rassismus(-erfahrungen) taucht in nur wenigen Forschungsarbeiten auf [*5].  Noch weniger kommen explizit feministische, intersektionale Perspektiven auf Eltern*schaft in der deutschsprachigen Forschungslandschaft vor. Weiterhin fehlen Überlegungen zum Verhältnis zwischen individuellen und kollektiven Umgangsstrategien, was unseres Erachtens wichtig ist, um die Chancen und Grenzen von Critical Race Parenting genauer untersuchen zu können [20], [21], [22].

Im deutschsprachigen Kontext lässt sich also eine doppelte Forschungslücke konstatieren: Es gibt in der interdisziplinären Rassismusforschung wenig zur Verhandlung von bzw. zum Umgang mit Race und Rassismus(-erfahrungen) in Familien*; ebenso untererforscht ist dieser Themenkomplex in der interdisziplinären Familienforschung [11], [15], [23].

Empowerment und Critical Race Parenting als gelebte Erfahrung in BIPoC Communitys

Migrantische und nicht-migrantische Schwarze FLINT sind in Deutschland historisch wie heute als wichtige Impulsgebende in Bezug auf Rassismus und Familie* hervorzuheben. Beispielhaft dafür sind der Generation Adefra Stammtisch – „flint bring their kids and discuss everything in a safer space“ [3] (vgl. auch [24] sowie die Arbeiten von Tupoka Ogette und Josephine Apraku) – und auch RomaniPhen e.V., ein Berliner Verein von Romnja* und Sintezzi*, in dem Rassismus(-erfahrungen) und Familie* thematisiert werden, sowohl intern als auch in Kooperation mit anderen Communities.

Auch wenn es in der deutschen Medien- und Forschungsöffentlichkeit kaum etablierte [*6] Auseinandersetzungen über Critical Race Parenting bzw. über Race und Rassismus(-erfahrungen) im Kontext Familie* gibt, bedeutet das also nicht, dass es keinen Austausch zum Umgang mit Rassismus(-erfahrungen) in den vielfältigen (queerfeministischen) migrantischen und BIPoC Communities gibt. Unserer Erfahrung, Beobachtung und Analyse als Wissenschaftler*innen, Freund*innen und Familien*angehörige of Color zufolge gibt es sehr wohl Austauschmomente zu Rassismus und Empowerment zwischen (queerfeministischen) BIPoC (und weißen) ‚Parents‘: in Community-Räumen, auf Social Media, Blogs [*7], in Kolumnen und anderen Medienbeiträgen [*8], Podcasts [*9], Onlineshops, in privaten Kitchen-Table-Conversations (Küchentischgesprächen) oder auf dem Spielplatz. Außerdem kommen Schwarze, migrantische und PoC-Stimmen vermehrt zum Thema Critical Race Parenting oder auch Rassismus in der Familie* öffentlich zu Wort, geben Ratgeberliteratur [25], [26] heraus oder verarbeiten biografische Erfahrungen in Sachbüchern [7], [24] und Romanen [27]. Wie so oft sind das Medien, Räume und Themen, die gesucht und gefunden werden und zugänglich sein müssen.

Critical Race Parenting und Intersektionalität

Wir möchten unseren Beitrag mit drei Überlegungen zur Komplexität von Critical Race Parenting und Empowerment als Praxis schließen, die wir für die weitere Forschung über Eltern*schaft als wichtig erachten.

Erstens ist festzuhalten, dass Kinder genauso wie Erwachsene Selbststärkung, Netzwerke und Ressourcen im Umgang mit Rassismuserfahrung brauchen. Als besonderes Bedürfnis formuliert Maisha Auma die Möglichkeit von „Fenstererfahrungen“:

„Kinder müssen die Erfahrung machen, aktiv handelnd vorzukommen: Muhammad Ali beschrieb einmal in einer Lebensbiografie: Der Busfahrer ist weiß, der Apotheker ist weiß, der Zahnarzt ist weiß. Was machen eigentlich Schwarze Menschen? Schwarze Kinder werden von Anfang an daran gewöhnt, dass sie nicht vorkommen. Ich nenne das kulturelle Gewalt. Kinder brauchen Spiegel und Fenster. […] Die Fensterfunktion ermöglicht uns Einblicke in Erfahrungen, die wir nicht machen, die Erfahrungen mit anderen Barrieren, als ich kenne. Durch Fenstererfahrungen lernen wir Diversität. Wir lernen aber auch zugleich, und das ist vielleicht viel wichtiger, Empathie.“ [28]

Kinder müssen sich also selbst als handelnde Subjekte, beispielsweise in Kinderbüchern und Lehrmaterialien, wiederfinden können. Diese Funktion können widerständige Eltern* nicht allein erfüllen, sie ist mit Strukturen jenseits der Familie* verknüpft. Mit einer Forschung zu Critical Race Parenting in Deutschland ist also die Frage der Repräsentation und von Empowerment-Strukturen jenseits der Familie* verbunden. Für die mögliche Forschung über Verhandlung von Rassismus in Familien* bedeutet das nicht nur zu untersuchen, welche Umgangsmöglichkeiten Familien* mit Rassismuserfahrungen bieten können, sondern auch – und vor allem –, ob strukturelle Ansätze in pädagogischen Institutionen und anderen Lebensbereichen von Kindern vorhanden sind, die „Fenstererfahrungen“ für BIPoC Kinder ermöglichen und fördern können [*10]. 

Ein zweiter Aspekt, der aus unserer Perspektive bei der Diskussion um Empowerment-Ansätze für Kinder eine zentrale Rolle spielen müsste, sind die besonderen und eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten von Kindern. Wie auch Erwachsene wollen Kinder bei Rassismuserfahrungen ernst genommen werden. Doch gerade in der Auseinandersetzung und Benennung von Rassismuserfahrungen geraten Personen, die Rassismus selbst erfahren, in Situationen, in denen sie sich erklären und rechtfertigen müssen [29]. Insbesondere in solchen sekundären Rassismuserfahrungen, in denen Betroffene bei einem Rassismusvorwurf in eine Bringschuld geraten, kann ein Ungleichgewicht für Kinder entstehen [30]. Sie werden in die Rolle des (erwachsenen) Lehrenden gedrängt. Oft müssen sie dabei nicht nur etwas erklären, sondern auch sich verteidigen.

In dem zu Beginn unseres Beitrags genannten Aufsatz Liebe von Sharon Dodua Otoo muss ein Kind sich gegenüber einer übergriffigen rassifizierenden Person (ebenfalls ein Kind) und dem Lehrpersonal für die eigene Reaktion rechtfertigen, was nicht möglich ist, ohne strukturellen Rassismus zu erklären [1]. Dies stellt eine Überforderung für das Kind dar. Gleichzeitig wird das Kind mit den eigenen Erfahrungen in dieser Rolle im dominanzgesellschaftlichen Umfeld nicht ernst genommen. Auch an dieser zweiten Überlegung zeigt sich, dass der Raum für Widerstand und Empowerment in Familie* begrenzt ist. Wie kann hier Familie* aber trotzdem unterstützend wirken? Welche Ressourcen kann Familie* hier anbieten, insbesondere wenn es um sekundäre Rassismuserfahrungen geht [*11]?

Ein dritter und abschließender Aspekt zeigt, warum weitere Forschung und praktische Ansätze für Critical Race Parenting im Rahmen feministischer Perspektiven in Deutschland unentbehrlich sind: das Grundbedürfnis nach Schutz. Eltern*, die als Kind Rassismus erlebt haben und weiterhin erleben, wollen ihre Kinder schützen. Viele wissen um die Ohnmacht Rassismuserfahrungen nicht benennen zu können oder mit ihren Erfahrungen alleingelassen worden zu sein. Das möchten sie ihren Kindern gern ersparen. Doch selbst, wenn sie den Mut haben zu sprechen und sie ihr rassismuskritisches Wissen in Schulen und andere pädagogische Einrichtungen tragen könnten, stehen sie stets auch vor der Herausforderung, das Schutzbedürfnis des Kindes einschätzen und abwägen zu müssen. Denn neben dem Schutz des Kindes vor Diskriminierung besteht auch dessen Bedürfnis nach Schutz vor Stigmatisierung als das Kind antirassistischer Eltern* [31]. Familien* stehen deshalb immer auch vor der Frage: ‚Welches Bedürfnis erfülle ich als Mutter*/Vater*/Aunty*: ist es der Schutz des Kindes oder des Kindes in mir, das nicht geschützt wurde?‘ Dieses Spannungsverhältnis ist bislang für Deutschland wenig erforscht [32].

Wir formulieren deshalb die Frage nach den Ambivalenzen elterlichen Handelns als Handlungsauftrag explizit im Rahmen feministischer Perspektiven auf Eltern*schaft. Der zu Beginn zitierte Text spricht von dem Grundbedürfnis von Kindern nach Liebe [1]. Liebe kann für Familien* auch bedeuten zu schweigen, um Kinder vor weiteren Ausgrenzungen zu schützen. Dieses Schweigen sollte aber nicht als schweigende Zustimmung, sondern als Handlungsauftrag an die Gesellschaft verstanden werden. Auch feministische Theorien, die nicht intersektional ausgerichtet sind, reproduzieren gewaltvolle Ausschlüsse. Intersektionale Perspektiven auf Eltern*schaft helfen zu verstehen, dass Critical Race Parenting nicht allein die Aufgabe von rassifizierten Kindern und Eltern* sein kann. Critical Race Parenting betrifft uns alle. Denn es geht darum Rassismus zu entlernen [36]. 

Dieser Artikel ist zuerst als Beitrag im Handbuch "Feministische Perspektiven auf Elternschaft" im Verlag Barbara Budrich erschienen und wird hier in Form einer Zweitverwertung veröffentlicht. Das komplette Handbuch ist über den Shop des Verlags Barbara Budrich erwerbbar.

Empfohlene Literatur zur Vertiefung

Fajembola, Olaolu (2016): Afrokids: Ein Ratgeber für die ersten Lebensjahre Schwarzer Kinder. Münster: Unrast.

Fajembola, Olaolu/Nimindé-Dundadengar, Tebogo (2021): „Gib mir mal die Hautfarbe“. Mit Kindern über Rassismus sprechen. Weinheim: Beltz.

Madubuko, Nkechi (2020): Empowerment als Erziehungsaufgabe. Praktisches Wissen für den Umgang mit Rassismuserfahrungen. 3. Aufl. Münster: Unrast.

Fußnoten

[*1] Ein herzliches Dankeschön an Diane Izabiliza und Rena Onat für den Hinweis auf den Text Liebe und an Enis Bicer für das kollegiale Feedback zum Text, sowie an Adalca Tomás.

[*2] Unser Verständnis von Rassismus als ein ideologischer Diskurs geht auf die Arbeiten Stuart Halls (1989) zurück und wird im Folgenden weiter erläutert. Mit der Schreibweise Race (dt. ‚Rasse‘) machen wir auf die soziale Konstruiertheit der Kategorie aufmerksam.

[*3Das Sternchen bei Familie* verweist auf ein inklusives, queeres, weites, nicht auf Biologie fixiertes Familien*verständnis, das diesem Beitrag zugrunde liegt. Unser Fokus liegt hier speziell auf dem Verhältnis zwischen Erwachsenen und Kindern im Kontext von Rassismus (vgl. Cabral 2021).

[*4Unsere Schreibweise für Familie* und Eltern* steht für dieses Verständnis von Elternschaft.

[*5Folgende ‚Familien‘-Studien sind relevante Arbeiten, die Migration, soziale Ungleichheit und Rassismus zusammen denken: Jonuz 2009; Riegel et al. 2018; Hill 2020; Amirpur 2016; Cabral 2021.

[*6Es sind dann eher Sonderausgaben und das auch erst seit Kurzem, etwa Kita aktuell spezial. Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung in der Kita (2020). 

[*7] So z.B. der Blog von Stephanie und Alina, zwei Schwarzen Personen: https://myurbanology.de/kids.

[*8] Josephine Apraku im Missy Magazine: https://missy-magazine.de/blog/2020/01
/14/liebe-als-widerstaendige-praxis/https://missy-magazine.de/blog/2019/12/10/
loslassen-es-wird-gut [Zugriff: 25.8.2021]; Tupoka Ogette in den Medien: https://
www.deutschlandfunkkultur.de/antirassismus-trainerin-tupoka-ogette-wie-… [Zugriff: 25.8.2021].

[*9] Tupoka Ogette: TUPODCAST-Sendungen: Season 1 Ep. 4, Ep. 9, Ep. 10, Ep. 15.

[*10] Ein Beispiel ist das Empowerment-Projekt „PowerMe“ für von Rassismus betroffene Kinder in Berlin, in der Trägerschaft von ARIBA e.V. Mehr Information unter https://www.facebook.com/powermeberlin/?hc_ref=ARTOwRbyw9mzSQ
ImfHtcZzbjmpQ92RSQRu58iiYc-48rUCeF0iFt9v5k16m62I5sfy8&fref=nf&__tn
__=kC-R.

[*11] Für weitere Forschungen sollten diese Überlegungen um eine adultismuskritische Perspektive erweitert werden, welche das Machtverhältnis zwischen Erwachsenen und Kindern beschreibt (Bostancı 2021).

Weitere verwendete Literatur

[1] Otoo, Sharon Dodua (2019): Liebe. In: Aydemir, Fatma/Yaghoobifarah, Hengameh (Hrsg.): Eure Heimat ist unser Alptraum. Berlin: Ullstein, S. 56–68.

[2] Matias, Cheryl E. (2016): „Mommy, is Being Brown Bad?“: Critical Race Parenting in a „Post-Race“ Era. In: Journal of Race and Pedagogy 1, 3, S. 1–32. https://www.academia.edu/25663252/Mommy_is_being_Brown
_bad_Critical_Race_Parenting_in_a_Post_Race_Era_http_soundideas_pugetsound_edu_rpj_vol1_iss3_1_ [Zugriff: 29.8.2021].

[3] Generation Adefra (o.J.): http://www.adefra.com [Zugriff: 14.7.2021].

[4] Bell, Derrick (1992): Faces at the Bottom of the Well: The Permanence of Racism. New York: Basic Books.

[5] Barskanmaz, Cengiz (2020): Critical Race Theory in Deutschland. In: Verfassungsblog, 24.7.2020. https://verfassungsblog.de/critical-race-theory-in-deutschland/ [Zugriff: 14.7.2021].

[6] Eggers (Auma), Maisha (2005): Rassifizierung und kindliches Machtempfinden. Dissertation. Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. https://macau.
uni-kiel.de/servlets/MCRFileNodeServlet/dissertation_derivate_000022
89/Dissertation_Maureen_Eggers.pdf [Zugriff: 14.7.2021].

[7] Roig, Emilia (2021): Why We Matter. Das Ende der Unterdrückung. Berlin: Aufbau.

[8] Doğmuş, Aysun (2017): Empowerment im Lehramtsstudium. In: Karim-Fereidooni und Meral El (Hrsg.): Rassismuskritik und Widerstandsformen. National und international vergleichende Formen von Rassismus und Widerstand. Wiesbaden: Springer VS, S. 771–788.

[9] Goel, Urmila (2020): Das Indernet. Eine rassismuskritische Internet-Ethnografie. Bielefeld: transcript.

[10] Attia, Iman (2017): Diskursverschränkungen des antimuslimischen Rassismus. In: Fereidooni, Karim/El, Meral (Hrsg.): Rassismuskritik und Widerstandsformen. National und international vergleichende Formen von Rassismus und Widerstand. Wiesbaden: Springer VS, S. 181–192.

[11] Thoen-McGeehan, Yandé (2021): Mutterschaft als Person Of Color. In: Haller, Dr. Lisa Yashodhara; Schlender, Alicia (Hrsg.) (2021): Handbuch: Feministische Elternschaft. Leverkusen: Verlag Barbara Budrich.

[12] Cuff-Schöttle, Stephanie (2020): Rassismuskritische Praxis von Kitabeinen an. In: Kita aktuell spezial. Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung in der Kita. Hürth: Carl Link. S.56-61.

[13] Delgado Bernal, Dolores (2018): A Testimonio of Critical Race Feminista Parenting: Snapshots from my Childhood and My Parenting. In: International Journal of Qualitative Studies in Education 31, 1, S. 25–35.

[14] Westphal, Manuela/Aden, Samia (2020): Familie, Flucht und Asyl. In: Ecarius, Jutta/Schierbaum, Anja (Hrsg.): Handbuch Familie. Wiesbaden: Springer VS, S. 1–18.

[15] Cabral, Fallon Tiffany (2021): On Growing (up with) Chilis – Zur Verhandlung von ‚Race‘ und Rassismus in Familien* von BIPoC. Dissertation. Pädagogische Hochschule Freiburg. Unveröffentlichtes Manuskript.

[16] Yildiz, Erol (2014): Migrationsfamilien: Vom hegemonialen Diskurs zur (transnationalen) Alltagspraxis. In: Geisen, Thomas/Studer, Tobias/Yildiz, Erol (Hrsg.): Migration, Familie und Gesellschaft. Wiesbaden: Springer VS, S. 59–71.

[17] Terkessidis, Mark (2004): Die Banalität des Rassismus. Migranten zweiter Generation entwickeln eine neue Perspektive. Bielefeld: transcript. 

[18] Ivanova, Mishela (2017): Umgang der Migrationsanderen mit rassistischen Zugehörigkeitsordnungen. Strategien, Wirkungsweisen und Implikationen für die Bildungsarbeit. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

[19] Hall, Stuart (1997): The Spectacle of the „Other“. In: Hall, Stuart (Hrsg.): Representation. Cultural Representations and Signifying Practices. London: Sage, S. 223–279.

[20] Eggers (Auma), Maisha (2016): Kritische Überschreitungen: Die Kollektivierung von (interdependentem) Eigen-Sinn als identitätspolitische Herausforderung. In: Ha, Kein Nghi/Lauré al-Samarai, Nicola/Myrosekar, Sheila: re/visionen. Postkoloniale Perspektiven von People of Color auf Rassismus, Kulturpolitik und Widerstand in Deutschland. Münster: Unrast, S. 243–260.

[21] Schneller, Chripa (2019): Does Migration Matter? Was es heißt, als „Studierende mit Migrationshintergrund“ angesprochen zu werden. In: Projektdokumentation von „Chancengleichheit. Studium+M“. Deutsches Studentenwerk, S. 12–15.

[22] Schneller, Chripa (2021): Does Migration Matter? Zugehörigkeitserfahrungen und Umgangsstrategien bei der Ansprache als ‚Studierende mit Migrationshintergrund‘. Dissertation. Universität Bremen. Unveröffentlichtes Manuskript.

[23] Hill, Miriam (2020): Migrationsfamilien und Rassismus. Zwischen Auschließungspraxen und Neuorientierung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

[24] Oguntoye, Katharina/Opitz, May/Schulz, Dagmar (1986): Farbe bekennen. Afro-deutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte. Berlin: Orlanda.

[25] Fajembola, Olaolu (2016): Afrokids: Ein Ratgeber für die ersten Lebensjahre Schwarzer Kinder. Münster: Unrast.

[26] Madubuko, Nkechi (2020): Empowerment als Erziehungsaufgabe. Praktisches Wissen für den Umgang mit Rassismuserfahrungen. 3. Aufl. Münster: Unrast.

[27] Ritz, ManuEla (2009): Die Farbe meiner Haut: Die Anti-Rassismustrainerin erzählt. Freiburg i.Br.: Herder.

[28] Auma, Maisha-Maureen (2020): „Rassismus hat übrigens nichts mit der Hautfarbe zu tun“. Interview von Philipp Awounou. In: Die Zeit, 27.7.2020. https://www.zeit.de/campus/2020-07/maureen-maisha-auma-erziehungswissen… [Zugriff: 4.4.2021].

[29] Terkessidis, Mark (2004): Die Banalität des Rassismus. Migranten zweiter Generation entwickeln eine neue Perspektive. Bielefeld: transcript. 

[30] Sow, Noah (2016): Vorsicht bei Empowerment für Kinder und Jugendliche: „Mit Selbstbewusstsein Rassismus entgegentreten…“ (aka: „Hör nicht auf die. Sei stark.“). In: Noah Sow Blog, 3.2.2016. https://www.noahsow
.de/blog/mit-selbstbewusstsein-rassismus-entgegentreten-aka-hoer-nicht-auf-die-sei-stark/ [14.7.2021].

[31] Puhlmann, Aileen (2020). „Doch, auch Kinder können rassistisch handeln“. Interview von Moritz Herrmann. In: Die Zeit, 23.6.2020. https://www.
zeit.de/hamburg/2020-06/rassismus-in-deutschland-kinder-kita-diskrimi
nierung-alltagsrassismus [15.5.2021].

[32] Bostancı, Seyran/Biel, Christian/Neuhauser, Bastian/Berman, Elisabeth (2021, i.E.): Unterbrechen oder (Re-)produzieren? Wie Eltern und Kita-Institutionen in Berlin Rassismus (de-)thematisieren. DEZIM Policy Paper.

 

Amirpur, Donja (2016): Migrationsbedingt behindert. Familien im Hilfesystem. Eine intersektionale Perspektive. Bielefeld: transcript.

Bostancı, Seyran (2021): Bildung – Diskriminierung – Inklusion. Transformationsprozesse in postmigrantischen Gesellschaften. Dissertation. Humboldt-Universität zu Berlin. Unveröffentlichtes Manuskript.

Hall, Stuart (1989): Rassismus als ideologischer Diskurs. In: Das Argument 31, S. 913–921.

Jonuz, Elizabeta (2009): Stigma Ethnizität. Wie zugewanderte Romafamilien der Ethnisierungsfalle begegnen. Leverkusen: Verlag Barbara Budrich.

Riegel, Christine/Yildiz, Erol/Stauber, Barbara (Hrsg.) (2018): LebensWegeStrategien: Familiale Aushandlungsprozesse in der Migrationsgesellschaft. Opladen: Verlag Barbara Budrich.

Westphal, Manuela/Aden, Samia (2020): Familie, Flucht und Asyl. In: Ecarius, Jutta/Schierbaum, Anja (Hrsg.): Handbuch Familie. Wiesbaden: Springer VS, S. 1–18.