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Meilenstein gegen Diskriminierung: 30 Jahre UN-Frauenrechtskonvention

Karte zur Beteiligung am Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau weltweit
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Karte zur Beteiligung am Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau weltweit

Der 3. September 2011 ist für mich ein besonderer Tag. Das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) feiert einen runden Geburtstag. Vor 30 Jahren trat diese Konvention der Vereinten Nationen in Kraft, und sie gilt zurecht als ein Meilenstein im Ringen um Frauenrechte: Zwar schrieb bereits die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte das Gleichheitsgebot der Geschlechter fest, doch mit der Frauenrechtskonvention wurde die Möglichkeit geschaffen, die rechtliche und die tatsächliche Gleichstellung von Mann und Frau auf internationaler Ebene einzuklagen.

Dennoch wird der Jahrestag in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Das ist leider nicht verwunderlich. Auch innerhalb der UN-Strukturen erforderte es immer große Mühen, dem Kampf gegen geschlechtlich bedingte Diskriminierungen den notwendigen Platz zu verschaffen. So führte das Komitee, das die Einhaltung der Konvention überprüfen soll, von Anfang an ein Schattendasein. Das konnte ich hautnah miterleben, als ich in meiner Studienzeit von der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF) beauftragt war, die Sitzungen der CEDAW in Wien einmal jährlich zu besuchen. Ich kann mich noch gut an die schwierigen Debatten erinnern, die die Komitee-Mitglieder und beobachtende Nichtregierungsorganisationen allein schon führen mussten, damit die Versammlungen des Gremiums aus der österreichischen Hauptstadt zum UN-Hauptsitz nach New York verlegt wurden. So sollte dem Thema in der UN mehr Gewicht gegeben werden.

Dennoch hat der Einsatz für Frauenrechte in den Vereinten Nationen große Fortschritte gemacht. Das Komitee tagte schließlich in New York und hat seit 2008 seinen Sitz in Genf, wo auch die anderen Menschenrechtsgremien der UN angesiedelt sind. Außerdem fanden mehrere Weltfrauenkonferenzen statt, die ihre Wirkung nicht verfehlten. Ich denke zum Beispiel an die bedeutsame Pekinger Konferenz von 1995. Unter Leitung der ehemaligen chilenischen Präsidentin Michelle Bachelet arbeitet zudem seit Januar dieses Jahres die Institution UN Women. Dort sind alle Gremien zusammengefasst, die sich im Rahmen der Vereinten Nationen mit Frauenrechten befassen. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass dem Thema inzwischen viel mehr Beachtung geschenkt wird.

Trotz der Gründung von UN Women ist das CEDAW die wichtigste Instanz für die Durchsetzung der Frauenrechte auf internationaler Ebene geblieben. In den Versammlungen des CEDAW-Komitees müssen die Staaten, die das Abkommen ratifiziert haben, alle vier Jahre darlegen, in welcher Form sie Maßnahmen gegen die geschlechtlich bedingte Diskriminierung auf nationaler Ebene umsetzen. Hier geht es meist nicht um spektakuläre einzelne Verbrechen und Verletzungen von Frauenrechten. Vielmehr soll geprüft werden, ob die Regierung ihren Verpflichtungen nachkommen. Am Ende der Beratungen, bei denen Vertreter der Regierungen und der Zivilgesellschaft gehört werden, gibt das Komitee konkrete Empfehlungen und Wertungen ab. In besonders schwerwiegenden Fällen kann das Gremium auch Untersuchungen durchführen.

Gerade diese Schnittstelle – das CEDAW-Komitee – ist für Frauenrechtsgruppen von großer Bedeutung. Sie haben dort die Möglichkeit, darauf zu drängen, dass die internationalen Normen in ihren Ländern umgesetzt werden. Vor dem Gremium können sie die Verhältnisse in ihrer Heimat beschreiben und Verbesserungsvorschläge einbringen. Und sie können berichten, ohne eine Genehmigung ihrer Regierung einzuholen. Das macht es den Regierenden schwer auszuweichen. Wenn eine NGO dann tatsächlich ihre Forderung als UN-Empfehlung durchsetzt, ist das ein großer politischer Erfolg, der sich zudem unmittelbar auf die Arbeit auswirkt. Die heimischen Medien verfolgen die Verhandlungen und publizieren die Ergebnisse. Das vereinfacht es, im Land um Unterstützung zu werben und setzt die Regierungen unter Druck.

187 von 192 UN-Staaten haben die Konvention unterschrieben. Das kann natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Regierungen nur vordergründig den Vereinbarungen das Wort reden und gleichzeitig schwere Verletzungen der Menschen- und Frauenrechte in der Praxis hinnehmen und entsprechende Gesetze beibehalten. Als Beispiel sei Saudi-Arabien genannt. Der arabische Staat hat zwar das Abkommen unterzeichnet, zugleich aber bei zahlreichen Regeln Vorbehalte formuliert. In der Konsequenz widerspricht das dem Gedanken der Antidiskriminierung und lässt die Ratifizierung absurd erscheinen. Ich denke etwa an das System der Vormundschaft: Jede Frau in Saudi-Arabien hat einen männlichen Vormund, sei es der Mann, der Bruder oder der Vater. Ohne dessen Zustimmung darf sie weder studieren noch verreisen oder sich ärztlich behandeln lassen. Das verstößt zwar vollkommen gegen die Frauenrechtskonvention, hat aber die Regierenden in Riad bislang nicht daran gehindert, an diesem System festzuhalten.

Es steht also außer Zweifel, dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit immer noch eine große Lücke existiert. Das darf uns aber nicht daran hindern, die Möglichkeiten zu nutzen, die mit der Konvention geschaffen wurden. Sie bietet einen Weg, um Maßnahmen gegen geschlechtliche Diskriminierung staatlich zu verankern. Immer wieder konnte CEDAW dazu beitragen, dass in Gesetzesreformen die Frauenrechte stärker berücksichtigt oder juristische Urteile diese Rechte bestärkt haben. Natürlich müssen Frauengruppen abwägen, ob dieses internationale Gremium ihren Kampf vor Ort stärken kann. Aber wenn, dann sollten sie sich unbedingt die Zeit nehmen und sich mit den Mechanismen auseinandersetzen, um ihre Forderungen dort einzubringen. Es lohnt sich!

Einen herzlichen Glückwunsch zum 30. Geburtstag wünscht Barbara Lochbihler!

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