Bei vielen zwischen- oder innerstaatlichen Konflikten des letzten Jahrzehnts bedurfte es einer Einmischung von außen, um die Konfliktparteien zu Verhandlungen an einen Tisch zu bringen. Die UNO und der UN-Sicherheitsrat sind die einzigen von der Staatengemeinschaft legitimierten Institutionen, die in Konflikten intervenieren dürfen. Bei der Frage, wann und unter welchen Umständen mit welchen Mitteln interveniert wird, zeigt sich oft eine problematische Interpretation des Sicherheitsbegriffs.
Die Anwendung militärischer Mittel zur Durchsetzung von Menschenrechten lösten in den 1990er Jahren große politische Kontroversen aus. Nachdem der Irak Kuweit besetzt hatte, autorisierte der UN-Sicherheitsrat die Anwendung militärischer Gewalt zum Schutz der kurdischen Zivilbevölkerung im Nordirak. In der Folge wurden militärische Einsätze etwa in Somalia und Haiti damit gerechtfertigt, dass der internationale oder regionale Frieden durch instabile politische Systeme und damit einhergehende Gewalt gefährdet sei. Derartige Interventionen sind grundsätzlich problematisch, weil im Völkerrecht mit dem Konzept staatlicher Souveränität das Nichteinmischungsgebot in den zwischenstaatlichen Beziehungen vorgeschrieben ist. Zudem rücken dadurch militärische Zwangsmaßnahmen in den Vordergrund, zivile Formen der Intervention werden ausgeblendet.
Völkerrechtliche Legitimität erhalten militärische Zwangsmaßnahmen erst durch die Zustimmung des UN-Sicherheitsrats. Diese Zustimmung unterliegt angesichts des Vetorechts der fünf ständigen Mitglieder USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich stets langwierigen Aushandlungsprozessen. Sie wird im Allgemeinen als Intervention mit militärischen Mitteln im Interesse humanitärer Ziele deklariert.
Eine militärische Intervention verstößt auch dann gegen das Gewaltverbot und Nichteinmischungsgebot der UN-Charta, wenn sie mit groben Menschenrechtsverletzungen und humanitären Krisen gerechtfertigt wird. Allerdings entstand in Reaktion auf den Völkermord in Ruanda 1994 und die „ethnischen Säuberungen“ in Ex-Jugoslawien unter dem Konzept „Schutzverantwortung“ (Responsibility to protect) eine Neudeutung der Staatssouveränität und der Eingriffsrechte von UNO und internationaler Gemeinschaft. Siehe dazu das Konzept der Schutzverantwortung.
Auch Frauenrechte können zur Legitimation von Militärinterventionen missbraucht werden, wie im Fall Afghanistan offensichtlich wurde. Die fundamentalistischen Taliban, die das frauenfeindlichste Regime der Welt einführten, wurden von der US-Regierung zuerst unterstützt und in den pakistanischen Moscheen gefördert. Erst nach den Anschlägen vom 11. September 2001 begann eine große mediale und politische Öffentlichkeit die massiven Menschenrechtsverletzungen an afghanischen Frauen wahrzunehmen. US-Präsident George W. Bush, aber auch der deutsche Kanzler Gerhard Schröder und sein Außenminister Joschka Fischer rechtfertigten die am 7.Oktober 2001 beginnende Militärintervention mit der Unterdrückung der afghanischen Frau.
Dass Frauenrechtsverletzungen als Legitimationsversuch für militärische Interventionen herangezogen werden, ist also sehr ambivalent zu bewerten. Einerseits werden Menschenrechte nur dann ernst genommen, wenn sie weltweit geschützt werden; andererseits muss dies aus einem menschenrechtlichen Verständnis heraus frühzeitig und damit präventiv erfolgen.
Als Ergebnis der internationalen Lobbyarbeit von Frauenorganisationen hat das Abschlussdokument der UN-Menschenrechtskonferenz in Wien 1993 das Prinzip „Frauenrechte sind Menschenrechte“ ausdrücklich hervorgehoben. In der Folge gelangten Genitalverstümmelung und Gewalt in Ehe und Familie, also geschlechtsspezifische Menschenrechtsverletzungen, auf die internationale Agenda. Die UN-Frauenkonferenz in Peking bekräftigte zwei Jahre später das Recht der Frauen, ohne Gewalt zu leben. 1994 wurde eine UN-Sonder¬berichterstatterin zu geschlechtsspezifischer Gewalt („Special Rapporteur on violence against women, its causes and consequences“) eingesetzt. Im Laufe der 1990er Jahre wurde sexualisierte Gewalt als Verbrechen im Sinne des Völkerstrafrechts definiert, zunächst in Urteilen der UN-Tribunale zu Ruanda und Ex-Jugoslawien, dann als Straftatbestände, über die der Internationale Strafgerichtshof zu richten hat. Sein so genanntes Rom-Statut zählt in Artikel 7 Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, erzwungene Schwangerschaft, Zwangssterilisation und andere Formen sexueller Gewalt in vergleichbarer Schwere zu den Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Auch in anderen Bereichen wurden Frauenrechte im letzten Jahrzehnt im Rahmen der Vereinten Nationen kontinuierlich gestärkt. Mittlerweile existieren Aktionspläne für alle wesentlichen Bereiche wie Armutsbekämpfung, Gesundheit, Bildung oder Handel. Für den Bereich von Frieden und Sicherheit war die Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrates richtungsweisend. Die Sonderberichterstatterin der UN-Menschenrechtskommission hat in den letzten Jahren immer wieder auf Zwangsprostitution und Frauenhandel hingewiesen. Verschiedene Gremien der UNO beschäftigten sich mit den sexuellen Übergriffen von UN-Mitarbeitern auf weibliche Flüchtlinge im Rahmen von UN-Friedensmissionen. Der UN-Generalsekretär erstellte darüber im März 2005 einen Bericht an die UN-Generalversammlung, und der UN-Sicherheitsrat verurteilte in seiner Sitzung vom 31. Mai 2005 erstmals sexuellen Missbrauch durch UN-Peacekeeping-Personal und bekräftigte dies in UN-Resolution 1820 vom Juni 2008.
Im Abschlussdokument des Weltgipfels vom September 2005 finden sich diverse frauenpolitische Forderungen im Bereich Bildung, Beschäftigung, Geschlechtergerechtigkeit, Empowerment und Menschenrechte. Besonders hervorzuheben sind die Ausführungen zur „Rolle von Frauen bei der Verhütung und Beilegung von Konflikten“: „Wir betonen die wichtige Rolle der Frauen bei der Verhütung und Beilegung von Konflikten sowie bei der Friedenskonsolidierung. Wir bekräftigen unsere Entschlossenheit, die Resolution 1325 (2000) des Sicherheitsrats über Frauen und Frieden und Sicherheit vollständig und wirksam durchzuführen. Wir unterstreichen außerdem, wie wichtig es ist, dass bei allen Anstrengungen zur Wahrung und Förderung von Frieden und Sicherheit die Geschlechterperspektive systematisch berücksichtigt wird und dass Frauen die Möglichkeit haben, gleichberechtigt teilzuhaben und in vollem Umfang mitzuwirken, und dass es notwendig ist, ihre Rolle bei den Entscheidungsprozessen auf allen Ebenen auszubauen. Wir verurteilen entschieden alle Verletzungen der Menschenrechte von Frauen und Mädchen in bewaffneten Konflikten sowie sexueller Ausbeutung, sexuelle Gewalt und sexuellen Missbrauch und verpflichten uns, Strategien auszuarbeiten und umzusetzen mit dem Ziel, über geschlechtsspezifische Gewalt zu berichten und sie zu verhüten und zu bestrafen.“
Diese erneute Bestätigung einschlägiger Deklarationen zeigt, dass auf normativer Ebene im UN-System Erfolge erzielt werden konnten. Dennoch ist mit der Formulierung einer Norm noch lange nicht ihre faktische Befolgung gesichert. Deshalb sind weitere Reformmaßnahmen im UN-Kontext aus geschlechterpolitischer Perspektive notwendig. So fehlen immer noch konkrete Vorschläge, wie die Geschlechter-Perspektive im Falle von externen Interventionen integriert werden kann.
Im Falle militärischer Interventionen erwies und erweist sich insbesondere die Ausgestaltung des UN-Mandats immer wieder als einer der zentralen Schwachpunkte bei der Autorisierung von Friedenseinsätzen. Der komplizierte Aushandlungsprozess innerhalb des UN-Sicherheitsrats und zwischen diesem und dem UN-Sekretariat und die vage Formulierung von Mandaten führen häufig zu großen Erwartungen an die UNO, die sie aber mangels finanzieller, personeller und logistischer Ausstattung nie erfüllen kann. Außerdem können die vor Ort agierenden Truppen in den engen Grenzen des Mandats nur schlecht auf sich ändernde Anforderungen reagieren. Nur wenn Mandate geschlechterpolitische Ziele definieren – was derzeit nicht der Fall ist –, können diese in den Missionen auch tatsächlich umgesetzt werden. Die Praxis der Mandatsformulierung muss also auch in diesem Punkt dringend reformiert werden. Nötig ist auch, die finanzielle Ausstattung jedes Mandats genau festzulegen, da dies unmittelbaren Einfluss auf Art und Umfang der Mandatsausführung hat. Und, um es noch mal zu betonen: Vor militärischen Zwangsmaßnahmen müssen alle anderen nichtmilitärischen Interventionsformen ausgeschöpft worden sein.
Auch im Bericht des „High Level Panel“ finden sich nur wenige geschlechterpolitische Forderungen. Das „Hohe Gremium“ und auch das Abschlussdokument des Weltgipfels 2005 verweisen zwar ausdrücklich auf die Sicherheitsrats-Resolution 1325, machen aber keine Vorgaben, wie diese umgesetzt werden soll. So fordert etwa Punkt 4 der Resolution 1325 dazu auf, die Rolle von Frauen zu stärken, indem sie als Militärbeobachterinnen, als Zivilpersonal, in der Zivilpolizei und in den Bereichen Menschenrechte und humanitäre Hilfe bei UN-Feldmissionen eingesetzt werden. Im Jahre 2008 waren jedoch nur 2,1 Prozent des militärischen Personals weiblich, außerdem sorgte ein rein weibliches Polizeikontingent von 103 Inderinnen für die Sicherheit in der liberianischen Hauptstadt Monrovia. Von 30 Friedensmissionen weltweit war nur eine, nämlich die UNMIL in Liberia, mit eine Frau besetzt, der Dänin Ellen Margrethe Løj. Und bloß elf Friedensmissionen hatten Vollzeit-GenderberaterInnen eingesetzt, acht hatten Gender-BeraterInnen mit feministischem Status, sieben hatten „Gender Focal Points“. Mehr UN-Sonderbotschafterinnen einzusetzen und die Anzahl der Frauen bei Friedensmissionen zu erhöhen, wären ebenso einfache wie wirkungsvolle Strategien, um die Ziele der Resolution 1325 zu erreichen. Maßgeblich für den Erfolg ist ein politischer Handlungswille der Truppen entsendenden Staaten.
Aufgrund großer politischer Differenzen zwischen den UN-Mitgliedsstaaten wurden die Reformvorschläge des „Hohen Gremiums“ bislang nur zu einem sehr geringen Teil umgesetzt. Einer der Vorschläge war die Gründung einer Kommission zur Friedenskonsolidierung (Peacebuildung Commission), die die UN-Generalversammlung in ihrer Sitzung vom 20. Dezember 2005 beschlossen hat. Allerdings: In Genderfragen sind bisher weder in der Peacebuilding Commission noch im neu gebildeten Menschenrechtsrat entscheidende Fortschritte erzielt worden, obwohl einige der in den unterschiedlichen Papieren formulierten Vorschläge zur UN-Reform Anknüpfungspunkte für feministische Forderungen bilden. Siehe dazu „Peacebuilding Commission“.
Die Diskussion, ob eine neue, personell und finanziell gestärkte UN-Organisation für Frauen aufgebaut werden sollte, erhielt auch deshalb neue Nahrung. Die Initialzündung dafür stammte von einem Mann, dem kanadischen Feministen Stephen Lewis. In einer leidenschaftlichen Rede zur UN-Reform im Juli 2006 in Genf wies der ehemalige UN-Aidsbeauftragte für Afrika auf den geringen Etat des UN-Frauenfonds Unifem hin und forderte, die Hälfte der Menschheit dürfe nicht länger mit Brosamen abgespeist werden. Es sei „nach 50 Jahren Passivität und Lähmung höchste Zeit“, eine Organisation mit einem Jahresetat von mindestens einer Milliarde US-Dollar zu bilden. Auf einem informellen Treffen verschiedener UN-Mitgliedsstaaten im September 2008 in New York wurden verschiedene Modelle diskutiert. Die EU, Skandinavien, Kanada, Australien und Neuseeland sowie verschiedene NGOs unterstützten eine Zusammenfassung der bisherigen Frauenabteilungen zu einer neuen stärkeren Entität, die folgende Organisationen zusammenfasst: den UN-Frauenfonds UNIFEM, OSAGI (Office of the Special Adviser of Gender Issues), DAW (Division for the Advancement of Women) und INSTRAW (International Research and Training Institute for the Advancement of Women). Andere Länder wollten alles beim Alten belassen oder befanden eine neue Abteilung unter dem UN-Generalsekretär für besser.