Eine Handreichung des Gen-ethischen Netzwerks im Auftrag des Gunda-Werner-Instituts Autorin: Kirsten Achtelik
Dieser Artikel ist Teil unseres einführenden Dossiers „Feminismus & Gender".
Diese Handreichung ist eine politikwissenschaftliche Bewertung von Entwürfen für ein Fortpflanzungsmedizingesetz. Sie stellt die wichtigsten Akteure im Feld sowie die aktuelle Rechtsprechung zu neuen Technologien und Familienformen im Kontext von Reproduktionstechnologien komprimiert dar. Die Überzeugung, dass das deutsche Embryonenschutzgesetz (EschG) der Überarbeitung bedarf, hat sich mittlerweile so verbreitet, dass sie keiner weiteren Begründung bedarf. Und tatsächlich: Das Gesetz ist von 1990 (Inkraftgetreten am 1. Januar 1991), es kann daher keine expliziten Aussagen zu Technologien treffen, die erst danach entwickelt wurden. Der Bundesgerichtshof (BGH) ist so zum „Reparaturbetrieb“ geworden und springt ein, wo der Gesetzgeber untätig ist. Die in diesem Bereich ergangenen Urteile sollen hier dargestellt und ihre Auswirkung analysiert werden. Seit einigen Jahren werden die Stimmen immer lauter, die eine Reform des Embryonenschutzgesetzes bzw. die Ausformulierung eines „modernen“, permissiven, liberalen Fortpflanzungsmedizingesetzes (FmedG) fordern. Hierfür liegen verschiedene Vorschläge und Positionspapiere vor, die in dieser Handreichung einer politikwissenschaftlichen Prüfung unterzogen werden, um dominante Argumente zu identifizieren und weitergehende Fragen abzuleiten. Mit der vorliegenden Handreichung wird außerdem der Stand der technischen Entwicklung und ihrer Regelung dargestellt und reflektiert.
Für die nächste Legislaturperiode wird ein erneuter Liberalisierungs-Vorstoß erwartet, für dessen Bewertung das vorliegende Papier eine Grundlage bieten kann.
Inhalt
- Reproduktionstechniken im Überblick
- Wichtige Akteur*innen und ihre Positionen
- Augsburger Entwurf 2013
- Leopoldina 2013
- Deutscher Ethikrat, Jahrestagung 2014
- Deutscher Ethikrat 2016: „Embryospende, Embryoadoption und elterliche Verantwortung“
- Tobias Helms 2016: „Rechtliche, biologische und soziale Elternschaft“, Gutachten für den Juristentag
- Nina Dethloff 2016: „Gleichgeschlechtliche Paare und Familiengründung durch Reproduktionsmedizin“, Gutachten für die Friedrich-Ebert-Stiftung
- Bioethik-Forum des Deutschen Ethikrat 2017: „Eizellspende im Ausland – Konsequenzen im Inland“
- LSVD-Positionspapier 2017: „Regenbogenfamilien im Recht“
- Deutscher Ärzte-Tag 2017
- Relevante Gerichtsurteile
- Ausblick
1) Reproduktionstechniken im Überblick
- Die „Bechermethode“ ist die technisch unaufwendigste Methode, um ohne hetero-genitalen Sex schwanger zu werden: Das Ejakulat eines Spenders wird mittels einer Spritze während der fruchtbaren Tage vaginal eingebracht. Diese Methode wird häufig von lesbischen Paaren angewandt. Sie ist auch eine Grundlage für Modelle des „Co-Parenting“, das Leben mit Kindern von mehr als zwei erwachsenen Beteiligten. In Österreich, England und den Niederlanden wird die Co-Mutterschaft lesbischer Paare anerkannt, Lesbenpaare in Deutschland müssen den bürokratisch viel aufwendigeren Weg der Stiefkindadoption gehen, der erst 2013 vom Bundesverfassungsgericht ermöglicht wurde.
- IVF (In-vitro-Fertilisation) und ICSI (Intrazytoplasmatische Spermieninjektion, sprich Ixi) bezeichnen die Zusammenbringung von Ei- und Samenzelle außerhalb des (weiblichen) Körpers. Diese Techniken werden anders als in den 1980er Jahren kaum noch kritisiert, die Diskussionen heute drehen sich hauptsächlich um Zugangsmöglichkeiten und Kosten. In Deutschland gehen mittlerweile ein bis zwei Prozent aller Geburten auf diese Verfahren zurück. Nach Angaben des Deutschen IVF-Registers lag die so genannte Baby-Take-Home-Rate[1] 2014 lediglich etwas über 20 Prozent (Deutsches IVF-Register 2015). Um mehrere Eizellen reifen zu lassen, ist eine Hormonbehandlung nötig, die das Risiko eines Hyperstimulationssyndroms[2] birgt (Smith et al 2015). Die Eizellen werden operativ entnommen und mit den Spermien zusammengebracht (bei ICSI wird ein ausgewähltes Spermium in die Eizelle injiziert).
Durch die künstliche Befruchtung wird Präimplantationsdiagnostik (PID) erst möglich, bei der ein Embryo auf genetische Abweichungen untersucht wird. Die PID wurde in Deutschland 2011 legalisiert. Aber auch in der regelhaften Anwendung werden nicht-genetische, nicht reglementierte „Qualitätschecks“ durchgeführt, was tendenziell den Embryonenbedarf pro Schwangerschaft erhöht.
Die derzeitige Regelung zur Kostenerstattung der Krankenkassen sieht vor, dass drei Behandlungszyklen zu 50 Prozent übernommen werden. Seit Anfang 2016 können die gesetzlichen Krankenkassen auch unverheirateten Heterosexuellen den gleichen Zuschuss gewähren wie verheirateten. Die einzelnen Bundesländer haben unterschiedliche Ko-Finanzierungsmodelle.
- Das Einfrieren von unbefruchteten Eizellen wurde zuerst aus medizinischen Gründen im Rahmen von Krebsbehandlung und Chemotherapie angewendet. „Social Freezing“/Eizellenbanking bezeichnet die Entnahme und Kryokonservierung eigener Eizellen aus nicht-medizinischen Gründen. Diese Methode gilt erst seit 2013 nicht mehr als „experimentell“. Die Erfolgschancen sind weitgehend unklar. Ende 2014 entzündete sich an der Ankündigung von Facebook und Apple, ihren US-amerikanischen weiblichen Angestellten diese Methode zu finanzieren, eine große gesellschaftliche Debatte in Deutschland. Einige Feminist*innen begrüßten diese Möglichkeit als Fortschritt, die die Kontrolle von Frauen über die eigene Reproduktionsfähigkeit erweitert (Diehl 2014). Andere warnten vor einer Fortschreibung und Verschärfung der gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen, ihre Lebensplanung zu optimieren und Vereinbarkeitsprobleme zwischen von Lohn- und Sorgearbeit selbst statt gesellschaftlich zu lösen (Diehl u.a. 2014). Die Zunahme nicht gebrauchter Eizellen wird zudem die Diskussion darum verschärfen, ob diese als „Spende“ oder für die Forschung freigegeben werden sollen (Braun 2016).
- Die Samenspende wird nicht auf der technisch-medizinischen, sehr wohl aber aktuell auf der rechtlichen Ebene und unter Zugangsaspekten diskutiert. Der Bundestag hat am 18. Mai 2017 ein Gesetz zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen beschlossen.[3] Dieses soll die Auskunftsrechte der „Spenderkinder“ durch die Einrichtung eines zentralen Spenderregisters garantieren, in dem die personenbezogenen Angaben von Samenspendern und Empfängerinnen einer Samenspende in Zukunft für die Dauer von 110 Jahren gespeichert werden. Durch eine ergänzende Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wird die gerichtliche Feststellung der rechtlichen Vaterschaft des Samenspenders in diesen Fällen ausgeschlossen. Damit wird der Samenspender insbesondere von Ansprüchen im Bereich des Sorge-, Unterhalts- und Erbrechts freigestellt.
Die Suche nach dem biologischen Vater ist zurzeit noch und trotz mehrerer Urteile schwierig, da den Spendern seinerzeit Anonymität zugesichert wurde. Teilweise verweigern die Samenbanken die Herausgabe der Daten. Es gibt etwa 110.000 Spenderkinder in Deutschland, pro Jahr werden etwa 1.000 Kinder geboren. Das „Recht auf Abstammung“ bzw. das Recht auf Wissen um die eigene Abstammung gewinnt in der öffentlichen Debatte und der Rechtsprechung zunehmend an Bedeutung. Seit 2007 sind die Samenbanken verpflichtet, die Daten der Spender 30 Jahre lang aufzubewahren.
Für Lesbenpaare und unverheiratete Frauen gibt es weiterhin Zugangshindernisse. Die geltende Richtlinie der Bundesärztekammer empfiehlt Samenspenden grundsätzlich nur bei Ehepaaren oder in einer stabilen Partnerschaft lebenden Heteropaaren (Bundesärztekammer 2006). Diese Empfehlung ist nicht bindend, einzelne Kliniken halten sich nicht daran. Ein weiteres Problem betrifft die Konstruktion von Elternschaft: Bei lesbischen Paaren gilt die Partnerin der biologischen Mutter nicht als Elternteil, selbst dann nicht, wenn sie eingetragener Lebenspartnerin ist. Bei heterosexuellen Ehepaaren ist es anders: Der Ehemann gilt hier automatisch als Vater.
- Reziproke In-Vitro-Fertilisation: Diese Technik wenden lesbische Paare an, um dafür zu sorgen, dass beide Mutter sind. Die mit Spendersamen befruchtete Eizellen der einen Frau werden der anderen Frau eingepflanzt, die eine ist dann die genetische, die andere die Tragemutter. Da diese Methode als Eizellspende gewertet wird, ist sie in Deutschland nicht legal.
- Eizellspende/-transfer ist in Deutschland nach dem Embryonenschutzgesetz verboten, um eine „gespaltene Mutterschaft“ zu verhindern. Über die Langzeitfolgen für die „Spenderin“ gibt es keine Untersuchungen. Aber auch für die Empfängerin scheint die Praxis nicht risikolos zu sein: Der genetisch völlig fremde Embryo kann eine Immunabwehr auslösen und das Präeklampsierisiko erhöhen.[4] Eine Metastudie fand verschiedene Risiken für die Schwangere und das werdende Kind signifikant erhöht und empfahl, zumindest nicht mehrere befruchtete Eizellen zu übertragen (Storgaard 2017). Jedes Jahr kommen in Deutschland etwa 300 bis 400 Kinder durch eine Eizellspende auf die Welt, die Eizellen stammen hauptsächlich aus Tschechien, Spanien, der Ukraine und den USA. In Europa finden jährlich etwa 30.000 Fruchtbarkeitsbehandlungszyklen statt, in denen eine „gespendete“ Eizelle verwendet wird.
- Bei der Embryonenspende werden „überzählige“ Embryonen, die für die fortpflanzungsmedizinische Behandlung des Paares, für das sie erzeugt wurden, nicht mehr verwendet werden, einem anderen Paar mit Kinderwunsch angeboten. Diese Praxis ist durch das ESchG nicht explizit verboten aber auch nicht geregelt. Nach überwiegender, aber nicht völlig unbestrittener juristischer Meinung ist die Einsetzung dieser Embryonen erlaubt, soweit alle Beteiligten dem zustimmen. Der Deutsche Ethikrat (DER) geht davon aus, dass der Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Pflicht zur Regulierung hat, „die die jeweiligen Grundrechtspositionen in ein angemessenes Verhältnis bringt.“ (Deutscher Ethikrat 2016, S. 65) Unter Grundrechtspositionen werden hier beispielsweise ein Verfügungsrecht der genetischen Eltern über die eigenen reproduktiven Zellen, ein Recht auf Fortpflanzung der Empfängereltern oder das Recht des späteren Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung verstanden. Diese Rechte, ihre Konstruktion, Begründung und Reichweite werden kontrovers diskutiert.
Zusätzlich zu diesen Fragen wird die durch ein Embryonen‐Screening mögliche Selektion und Qualitätsabstufung als ethisch problematisch angesehen (Coester-Waltjen 2014). Bis Ende 2015 waren in Deutschland 57 Embryonen gespendet und 45 eingesetzt worden, woraus 15 Schwangerschaften und 7 Geburten resultierten (Richter-Kuhlmann 2016).
- Leihmutterschaft/Leihgebären ist in Deutschland durch das Embryonenschutzgesetz verboten, in der Ukraine, Belgien, den USA und Großbritannien erlaubt. Indien und Thailand, bisher Hauptreiseziele des Reproduktionstourismus, haben die Vermittlung solcher Praktiken für Ausländer*innen kürzlich verboten. Wenn über diesen Weg erzeugte Kinder nach Deutschland geholt werden, gibt es häufig Probleme mit der Staatsangehörigkeit. Zur Zeit sind zwei Fallkonstellationen denkbar: 1) Die rechtliche Elternschaft der deutschen Bestelleltern lässt sich über ausländisches Recht oder ein Gerichtsurteil etablieren; 2) Es bleibt bei der Maßgeblichkeit des deutschen Rechts, dann ist die „Leihmutter“ die Mutter und wenn sie verheiratet ist, ihr Ehemann automatisch der rechtliche Vater. Ist sie ledig, kann der genetische Vater die Vaterschaft anerkennen. Über die Bedingungen, unter denen die Leihgebärerinnen schwanger sind und die bestellten Kinder gebären, ist wenig bekannt und ihre realen Lebensumstände kommen in den Debatten, die sich hauptsächlich um den Kinderwunsch der Bestelleltern drehen, kaum vor. Manchmal werfen allerdings spektakuläre Fälle Schlaglichter auf die problematischen Praktiken, wie der Fall von „Baby Gammy“ aus Thailand, der 2013 mit Trisomie 21 geboren wurde und deswegen von seinen australischen Bestelleltern zurückgelassen worden war.
2) Wichtige Akteure und ihre Positionen (chronologisch)
Der 2013 von Juristen vorgelegte detaillierte „Augsburger Entwurf“ ist als „Startschuss“ der Liberalisierungsdebatte in Deutschland zu verstehen. Sie fordern die Freigabe der „Eizellspende“, und zwar nicht nur, „wenn eine Frau nicht fortpflanzungsfähig ist“, sondern auch, wenn „bei der Verwendung ihrer Eizellen die Gefahr einer schweren Erbkrankheit für das Kind besteht“, und eine Freigabe der „Leihmutterschaft“, wenn „der notarielle Nachweis der unbedingten und unwiderruflichen Annahme des Kindes durch Dritte vorliegt“. Die Verwendung überzähliger Embryonen soll für „hochrangige Forschungszwecke“ möglich werden, und zwar nicht nach informierter Zustimmung der biologischen Eltern, sondern bereits dann, wenn diese „nach Information über den Forschungszweck nicht widersprechen“. Strafbar bleiben sollen nur die Chimären- bzw. Hybridbildung und das Klonen von Menschen (Gassner et al. 2013).[5] Der Entwurf kann als politische Intervention verstanden werden, die die öffentliche Reaktion testete und einer erhofften neuen Bundesregierung unter Beteiligung der FDP eine Vorlage lieferte. Von der CDU/SPD-Regierung wurde er nicht aufgenommen. Der Entwurf hat aber dazu beigetragen, die Perspektive zu etablieren, wonach das ESchG veraltet und eine umfassende Regelung in einem neuen Fortpflanzungsmedizingesetz notwendig sei.
An der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina gibt es seit Mitte des Jahres 2013 eine interdisziplinär besetzte Arbeitsgruppe, die aus fachmedizinischer, juristischer und ethischer Perspektive „Eckpunkte für ein Fortpflanzungsmedizingesetz“ erarbeiten soll; darin vertreten sind viele bekannte Reproduktionsmediziner*innen, neoliberale Jurist*innen und Ethiker*innen. Wann die AG ihre Diskussionsergebnisse veröffentlichen will, ist nicht bekannt (Leopoldina o.J.). Im März 2017 veröffentlichte die Leopoldina allerdings ein Diskussionspapier, , in dem einen Aufweichung des ESchG und die Freigabe von Genome Editing an Embryonen zu therapeutischen Zwecken gefordert wurde, ationale Forschungs- und Wettbewerbsinteressen nicht zu gefährden (Leopoldina 2017).[6]
Auf der Jahrestagung 2014 des Ethikrates „Fortpflanzungsmedizin in Deutschland. Individuelle Lebensentwürfe – Familie – Gesellschaft“ wurden Fragen nach individuellen und sozialen Chancen und Risiken von „Eizellspende“, „Leihmutterschaft“ und „Social Freezing“ gestellt. Hier plädierte Dagmar Coester-Waltjen von der Universität Göttingen für die geregelte Zulassung von Eizellabgabe und Leihmutterschaft, da so der Ausbeutung von Frauen und einem möglichen Kinderhandel besser begegnet werden könne als mit einem Verbot (Coester-Waltjen 2014). Ethikratsmitglied Claudia Wiesemann postulierte ein Recht auf die Nutzung fortpflanzungsmedizinischer Methoden, das sie mit dem Recht auf Bildung gleichsetzte, aber kein Recht auf ein eigenes Kind. Die geladenen Politiker*innen (Hubert Hüppe, CDU; Harald Terpe, Grüne; Kathrin Vogler, Linke) sprachen sich strikt gegen eine Liberalisierung aus (Deutscher Ethikrat 2014).
In einer Stellungnahme sprach sich der Deutsche Ethikrat 2016 für die gesetzliche Regelung der Embryonenspende aus: Rahmenbedingungen dafür sollten gesetzlich festgelegt werden, da es „um grundlegende Fragen der familiären Struktur geht, um die Zuteilung von Lebens- und Entwicklungschancen von Kindern sowie die Möglichkeit, elterliche Verantwortung zu übernehmen“ (Deutscher Ethikrat 2016: 126). Die sogenannte Dreierregel sollte gesetzlich klargestellt werden.[7]
- Tobias Helms 2016: „Rechtliche, biologische und soziale Elternschaft“, Gutachten für den Juristentag
In seinem Gutachten für den Juristentag klammert Tobias Helms alle Fragen aus, die die Zulässigkeit medizinisch assistierter Reproduktion betreffen. Diese seien keine rein juristischen Fragen, sondern berührten komplexe medizinische, sozialpolitische und -psychologische sowie ethisch-moralische Probleme. Er plädiert allerdings für ein „zeitgemäßes Kindschaftsrecht“ (Helms 2016, S. 53) zur „Leihmutterschaft“, da „auch für die Zuordnung zur Mutter“ der Grundsatz gelten sollte, dass „abstammungsrechtliche Regeln unabhängig davon zu konzipieren sind, ob Art und Umstände der Zeugung des Kindes (gesellschaftlich oder rechtlich) missbilligt werden.“ (ebd.) Ausschlaggebend könne nicht das Anliegen sein, die „Umgehung des deutschen Leihmutterschaftsverbots möglichst zu verhindern, vielmehr müssten die Interessen des konkret betroffenen Kindes im Vordergrund stehen“(ebd., S. 55). Das geltende Recht und seine momentane Auslegung führt zu „Wertungswidersprüchen und Zufallsergebnissen“ und sei „aus Sicht der betroffenen Kinder mit dem Gleichheitssatz nur schwer zu vereinbaren“ (ebd., S. 56). Er hält zwei Reformvorschläge, die das Kindeswohl schützen und eine Ungleichbehandlung verhindern, für denkbar:
- Änderung des deutschen Internationalen Abstammungsrechts, etwa in Form einer Sonderanknüpfung an das Recht des Geburtsortes,
- Durchbrechung des § 1591, Bürgerliches Gesetzbuch (Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat) wäre seiner Meinung nach die interessantere Option, da so zwar die ausländische Gesetzeslage anerkannt würde, diese aber an die Prüfung bestimmter Mindestanforderungen, (z.B. Einwilligung oder Leihmutterschaftsvertrag) geknüpft werden könnte und damit auch eine Signalwirkung auf den internationalen Leihmutterschaftsmarkt ausüben könnte , hofft Helms.
- Nina Dethloff 2016: „Gleichgeschlechtliche Paare und Familiengründung durch Reproduktionsmedizin“, Gutachten für die Friedrich-Ebert-Stiftung
Der Autorin des Gutachtens Nina Dethloff geht es hauptsächlich um die sozialen Regelungen, dabei geht sie davon aus, dass der „Wunsch nach einem zumindest mit einem/einer der Partner_innen genetisch verbundenen Kind“, der mit reproduktiven Techniken erfüllt werden kann, „eine „gesellschaftliche Entwicklung“ sei, „der die gesetzlichen Regelungen Rechnung tragen müssen“ (Dethloff 2016, S. 11). Die Rechtslage bezüglich des Zugangs zu assistierter Reproduktion müsse diskriminierungsfrei geregelt werden. Sie problematisiert, dass die von lesbischen Paaren praktizierte reziproke In-Vitro-Fertilisation in Deutschland nicht legal sei (ebd., S. 18) und postuliert: „Die Freiheit, mittels assistierter Reproduktion eine Familie zu gründen, ist Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts und stellt einen elementaren Bereich der Entfaltung der Persönlichkeit dar“. Verbote seien nur gerechtfertigt, wenn sie verhältnismäßig und zum Schutz legitimer Interessen der Allgemeinheit oder der Grundrechte Dritter notwendig sind, daher seien die Verbote von „Eizellspende“ und „Leihmutterschaft“ kritisch zu überprüfen (ebd., S. 19). Außerdem ist ihr zufolge die faktische Ungleichbehandlung von Ei- und Samenspende nicht gerechtfertigt, wenn „ausreichende Information und Aufklärung der Spenderin sichergestellt ist“. Die Würde der „Leihmutter“ rechtfertige kein Verbot, wenn dies nicht kommerziell betrieben würde und „die Selbstbestimmung der Leihmutter – vor allem auch nach der Geburt – gewährleistet ist“ (ebd., S. 20).
- Das Bioethik-Forum des Deutschen Ethikrat 2017 „Eizellspende im Ausland – Konsequenzen im Inland“ präsentierte die Legalisierung der Eizellabgabe als beste Lösung für alle mit dem Reproduktionstourismus verbundenen Probleme: Das Kindeswohl könnte durch die Garantie des Rechts auf Wissen um die eigene Abstammung im Inland gesichert werden, eine umfassende medizinische und psychosoziale Aufklärung der Paare vor Nutzung der Techniken könnte sichergestellt werden, was ihre gesellschaftliche Stigmatisierung verringern würde. Dann verfügbare Daten würden die Forschungslage verbessern. Die soziale Marktwirtschaft würde die Ausbeutung von Eizellspenderinnen verhindern. Auch ein bevölkerungspolitisches Argument fehlte nicht: Durch die Zulassung der Techniken werde die Zahl der künftigen Steuerzahler*innen erhöht.
Gegen diese Versprechungen der Liberalisierer*innen wandte sich vor allem Dr. Susanne Lettow, feministische Philosophin an der Freien Universität Berlin. Sie wies auf das einschneidende ethische Problem der asymmetrischen Machtverhältnisse hin und den für die Eizellspende nötigen „fremdnützigen Eingriff in die körperliche Integrität“. Eine bloße bessere Regulierung des Phänomens, wie sie in Deutschland zwar möglich, jedoch keineswegs garantiert sei, löse die Probleme also keineswegs. Vielmehr würden durch eine Legalisierung „unweigerlich“ Anreize für eine Ausweitung der Praxis gesetzt. Fälle wirklich altruistischer Spende seien sehr selten, Reproduktionsmärkte mit ihren entsprechenden Disziplinierungsmechanismen würden bestehende Gerechtigkeitsprobleme verschärfen (DER 2017).
- Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) hat auf seinem Verbandstag im April 2017 das Positionspapier „Regenbogenfamilien im Recht“ beschlossen, das sehr weitgehende Liberalisierungsforderungen enthält. Der einleitende Satz „Jeder Mensch hat das Recht, eine Familie zu gründen“ wird im Folgenden so ausbuchstabiert, dass jegliche Einschränkung der Möglichkeiten zur Familiengründung als Diskriminierung gewertet wird. Der LSVD fordert daher die Zulassung sowohl der „altruistischen Leihmutterschaft“ als auch der „altruistischen Eizellspende“. Das Verbot der Eizellabgabe in Deutschland definiert der Verband als „Geschlechtsdiskriminierung der Frau“ und postuliert ein Recht darauf, Eizellen spenden zu können - es gibt allerdings keine potentiellen Spenderinnen, die sich in ihren Menschenrechten eingeschränkt fühlen und diese Forderung erheben (LSVD 2017).
- Der 120. Deutsche Ärztetag hat den Gesetzgeber im Mai 2017 aufgefordert, „klare und konsistente rechtliche Regelungen für die Reproduktionsmedizin zu schaffen“ ohne genauere Wünsche zu äußern, wie diese Regelungen aussehen sollen (Deutscher Ärztetag 2017).
3) Relevante Gerichtsurteile
BGH/Leihmutterschaft/Kalifornien:
Zwei homosexuelle Lebenspartner aus Deutschland hatten mit einer Frau in Kalifornien einen Leihmutterschaftsvertrag geschlossen. Das Kind war mit dem Samen eines der Lebenspartner gezeugt worden, der die Vaterschaft vor dem deutschen Generalkonsulat in San Francisco schon vor der Geburt anerkannte. Ein kalifornisches Gericht erklärte die Lebenspartner zu den Eltern des Kindes, während die „Leihmutter“ keine Elternstellung hat. Nach der Geburt reisten die Lebenspartner mit dem Kind nach Deutschland und beantragten beim Standesamt die Eintragung als Eltern im Geburtenregister. Das Standesamt lehnte die Eintragung ab, die Klagen vor dem Amtsgericht Schöneberg und dem Kammergericht Berlin hatten keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof entschied dagegen 2014, dass das Standesamt die Lebenspartner als Eltern eintragen müsse. Zwar weiche die Feststellung des amerikanischen Gerichts, dass die Lebenspartner Eltern des Kindes seien, von der deutschen Rechtslage ab, aber nicht so weit, dass ihre Anerkennung „untragbar“ wäre. Zu berücksichtigen seien dabei die Grundrechte des Kindes und der „Leihmutter“. Laut Bundesverfassungsgericht würde ein „hinkendes Verwandtschaftsverhältnis“ entstehen, wenn die kalifornische Entscheidung nicht anerkannt würde: Das Kind hätte zwar nach deutschem Recht eine Mutter, diese Frau wolle allerdings keine Verantwortung für das Kind übernehmen. Laut Helms (2016: 55) hat der BGH damit das Tor zur Umgehung des deutschen Leihmutterschaftsverbotes weit aufgestoßen, denn vorher galt die Annahme, dass eine solche Anerkennung zu sehr gegen den ordre public verstoße.[8] Die Richter*innen urteilten letztinstanzlich, im Vordergrund müsse das Interesse des Kindes stehen, nicht das Anliegen, eine Verbotsumgehung zu verhindern (BGH 2014).
Oberverwaltungsgericht Münster/Leihmutterschaft/Indien: Der biologische Vater – ein Deutscher, der mit seinem Lebenspartner in Israel lebt – hatte in Indien mit einer verheirateten Frau eine Leihmutterschaft vereinbart, der Junge wurde in Mumbai geboren. Das Familiengericht von Tel Aviv hatte 2015 die Vaterschaft des Mannes anerkannt. Damit waren, trotz der Ehe der Leihmutter, die Voraussetzungen für den Import des Elternstatus nach Deutschland geschaffen, entsprechend der BGH-Entscheidung von 2014. Das Kind konnte die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten.
Interessant war auch die Begründung: Die Richter*innen würdigten, dass der Leihmuttervertrag zu fairen Bedingungen abgeschlossen worden sei. „Da wurde kein Druck ausgeübt oder die Lage der Menschen in Indien ausgenutzt“, gab das Gericht laut dpa bei der Urteilsverkündung zu Protokoll. Außerdem lebe das Kind in einem intakten sozialen Umfeld (Janisch 2016).
EMRG/Leihmutterschaft/Kalifornien: Zwei französische heterosexuelle Ehepaare erstritten die Anerkennung ihrer von Leihmüttern ausgetragenen Kinder als ihre. Ihr Streit durch alle Instanzen endete vor dem europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. In Frankreich stellten sich die Behörden bzw. Gerichte auf den – gesetzlich wohl genau so intendierten – Standpunkt, dass die Kinder keineswegs Kinder der beiden französischen Paare seien. Die Eintragung ins Geburtsregister, so beispielsweise der Court de Cassation 2011, würde den Leihmutterschaftsvertrag wirksam machen. Der Code Civil sieht aber ausdrücklich vor, dass ein solcher Vertrag nichtig ist, und zwar aus Gründen des ordre public auch dann, wenn er im Ausland geschlossen und nach ausländischem Recht eigentlich gültig ist. Der französische Gesetzgeber will explizit ausschließen, was diese beiden Paare getan hatten – nämlich in die USA zu reisen, um das französische Verbot der Leihmutterschaft zu umgehen.
Die EGMR-Kammer betont, dass die Staaten im Umgang mit Leihmutterschaft einen weiten Einschätzungsspielraum haben. Dieser Einschätzungsspielraum verenge sich jedoch im Bezug auf die Kinder und ihre Beziehung zu ihren Eltern als integraler Teil ihrer Identität. Das gilt umso mehr, wenn zumindest der Vater tatsächlich biologischer Vater der Kinder ist. Das Recht der Eltern auf Familienleben fand die Kammer dagegen nicht verletzt. Schließlich konnten die Paare mit ihren Kindern ungehindert in Frankreich zusammenleben (EMRG 2014).
EMRG/Leihmutterschaft/Russland: Ein italienisches Paar hatte mit Hilfe der russischen Agentur Rosjurconsult eine „Leihmutter“ und eine „Eizellspenderin“ in Anspruch genommen. Außerdem stellte sich im Verlauf des italienischen Verfahrens heraus, dass der Ehemann entgegen ursprünglicher Angaben nicht der genetische Vater war. Die „Leihmutter“ hatte nach der Geburt auf das Kind verzichtet. Ohne genetische Verwandtschaft lehnten die italienischen Gerichte die Elternschaft ab, nahmen das Kind aus der Familie heraus und gaben es zur Adoption frei. Da die Bestelleltern nicht nur gegen das italienische Leihmutterverbot, sondern auch gegen internationale Adoptionsgesetze verstoßen hatten, gingen die Richter*innen von Gefährdung des Kindeswohls durch kriminelles Verhalten aus. In der Urteilsbegründung spekulierten sie über die psychische Verfasstheit und Motivation der Bestelleltern und zweifelten an ihrer elterlichen Eignung.
Der Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EMRG) sah das anders und die Bestelleltern in ihrem Recht auf Familien- und Privatleben (Art. 8 EMRK) verletzt. Dieses schütze tatsächlich bestehende persönliche Bande zwischen Familienmitgliedern, auch ohne genetische Verwandtschaft. Dafür reiche auch der kurze sechsmonatige Zeitraum des Zusammenlebens mit dem Baby. Dieses Recht habe das italienische Gericht nicht ausreichend gegen das öffentliche Interesse an der Durchsetzung der Adoptions- und Reproduktionsgesetzgebung abgewogen. Eine Gefährdung des Kindeswohls liege bei unmittelbarer Gefahr für das Kind vor, nicht bei strafrechtlich relevanten Handlungen bei der Erzeugung des Kindes. Wegen der Länge des Verfahrens verblieb das Kind jedoch bei den Pflegeeltern. Den Bestelleltern wurde 20.000 Euro Schadensersatz zugesprochen - weniger als die Hälfte dessen, was sie der Firma Rosjurconsult hatten zahlen müssen. Der Geschäftsführer der Agentur war als Anwalt der beiden Kläger*innen auf allen Ebenen in den Prozess involviert (EMRG 2015).
Die Möglichkeit eines Staates, „Leihmutterschaft“ nicht anzuerkennen, wird durch dieses Urteil unterminiert. Es ist zu erwarten, dass dieses Urteil von internationalen Agenturen als Türöffner genutzt werden wird: Wenn es einer Agentur bzw. den Bestelleltern gelingt, ein Kind in das Heimatland der Wunscheltern zu bringen, wird es eventuell nur noch eine Frage der zusammen verbrachten Zeit sein, ab wann von entstandenen persönlichen Banden ausgegangen werden muss, die durch das Recht auf Familien- und Privatleben geschützt werden.
Oberlandesgerichts Karlsruhe/Eizellen: Ein wiederverheirateter Mann verklagte das reproduktionsmedizinische Zentrum auf Herausgabe der eingefrorenen Eizellen seiner verstorbenen Frau, um diese seiner neuen Frau einsetzen zu lassen. Das Gericht sah für die Forderungen des Mannes weder eine vertragliche noch eine rechtliche Grundlage. Nach dem Embryonenschutzgesetz ist eine „gespaltene Mutterschaft“ nicht gestattet, nur die Frau, von der die Eizellen stammen, darf diese für eine Schwangerschaft nutzen (OLG Karlsruhe 2016).
4) Ausblick
Entgegen der bisher vorherrschenden Annahme, dass die Anerkennung von durch verbotene Techniken gezeugte Kinder gegen den ordre public verstoßen würde, scheint sich im Namen des Kindeswohls und des Rechtes auf Familie die Möglichkeit der Anerkennung der Kinder durchzusetzen. Dabei spielt in der Öffentlichkeit und auch vor Gerichten die Leihmutterschaft eine sehr viel größere Rolle als die Eizellspende, da sie sichtbarer und einfacher nachzuweisen ist. Eine Legalisierung der Leihmutterschaft würde tiefgreifende rechtliche Änderungen im Abstammungsrecht und Familienrecht, außerdem im Staatsangehörigkeitsrecht und Personenstandsrecht erforderlich machen. Neben diesen rechtlichen Fragen würde eine solche Liberalisierung aber auch das gesellschaftliche Bild von „Muttersein“ so stark berühren, dass eine Legalisierung der Durchführung dieser Praxis in Deutschland in nächster Zeit unwahrscheinlich scheint. Naheliegender scheint es, dass in einem zukünftigen Fortpflanzungsmedizingesetz eine Regelung der im Ausland erfolgten Transaktionen versucht werden wird.
Konkreter sind dagegen die Vorstöße zur Legalisierung der Eizellabgabe, diese könnten sich – je nach Regierungskoalition – in der nächsten Legislaturperiode auf der politischen Agenda wiederfinden. Die Entwicklung einer kohärenten (queer)feministischen Argumentation gegen diese Liberalisierungstendenzen, die mit der Selbstbestimmung der „Spenderinnen“, dem starken Kinderwunsch der Bestelleltern und dem Wohl des Kindes argumentieren, ist dringend geboten.
Mehr Information zum Gen-ethischen Netzwerk (GeN) und zu reproduktiven Techonologien finden sich hier.
[1] Diese gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der eine Behandlung tatsächlich zu einem Kind führt, also die Anzahl der Geburten pro Anzahl der durchgeführten Behandlungen in Prozent.
[2] Zwar kam es in Deutschland nur in 0,7 Prozent der 58.170 Hormonbehandlungen und anschließenden Eizellentnahmen zu dokumentierten Komplikationen, in realen Zahlen bedeutet das aber, dass 10 Frauen stationär behandelt und 27 operiert werden mussten. Eine sehr schwere Überstimulation kam nur in 0,29 Prozent der Fälle vor, das sind dennoch 180 Frauen, die an Wasseransammlungen im Bauchbereich, Atembeschwerden oder Durchblutungsstörungen litten (vgl. Deutsches IVF-Register 2015, S. 37).
[3] Heterologe Insemination bezeichnet die künstliche Befruchtung mit nicht vom Ehemann oder Partner stammendem Samen, die als homologe Insemination bezeichnet wird.
[4] Präeklampsie ist eine schwere Erkrankung während der Schwangerschaft (umgangssprachlich auch Schwangerschaftsvergiftung genannt), die auch in den Ländern des Globalen Nordens Ursache von etwa 16 Prozent aller mütterlichen Todesfälle ist (Lenzen-Schulte 2017).
[5] Als Chimären oder Hybride werden Embryonen bezeichnet, bei denen menschliches Erbgut in tierische Eizellen eingebracht wurde oder umgekehrt.
[6] Genome Editing bezeichnet molekularbiologische Verfahren, mit denen gezielt Veränderungen in DNA-Sequenzen vorgenommen werden. Eine ausführliche Kritik an den Techniken und den Debatten über ihre Anwendung hat das Gen-ethische Netzwerk in einem Positionspapier zusammengestellt (www.gen-ethisches-netzwerk.de/gen/positionspapier_genome_editing).
[7] Die Drei-Embryonen-Regel im Embryonenschutzgesetz soll die Erzeugung überzähliger Embryonen verhindern; danach ist es strafbar, mehr Eizellen zu befruchten, als innerhalb eines Zyklus übertragen werden sollen (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG). Daraus ergibt sich eine strikte Dreierregel, in der Praxis wird aber eine erweiterte Interpretation der Dreierregel vertreten. Danach dürfen so viele Eizellen entnommen und Embryonen hergestellt werden, dass drei entwicklungsfähige Embryonen zur Übertragung zur Verfügung stehen (Deutscher Ethikrat 2016, S. 43 f.).
[8] ordre public bedeutet, dass die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung ausgeschlossen ist, wenn die Anerkennung der Entscheidung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts, insbesondere mit den Grundrechten offensichtlich unvereinbar ist.